Nach dem Urteil des für das Reiserecht zuständigen X. Zivilsenats des BGH v. 29.5.2018 (X ZR 94/17) kann der Reisende bei einer vereitelten Reise, zu deren Durchführung der Reiseveranstalter vertraglich verpflichtet war, ebenso wie bei einer erheblich beeinträchtigten Reise nach § 651f Abs. 2 BGB neben der Erstattung des Reisepreises auch wegen der nutzlos aufgewendeten Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Eine vereitelte Reise stehe jedoch einer durch Reisemängel vollständig entwerteten Reise, für die regelmäßig eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises zu gewähren sei, nicht ohne Weiteres gleich. Die sich bei Reisemängeln ergebende immaterielle Beeinträchtigung könne bei groben Mängeln der Reiseleistung erheblich größer sein, als wenn die Reiseleistung bei einer Vereitelung der Reise überhaupt nicht erbracht worden ist. Da maßgeblich auf den dem Reisenden durch die Vereitelung der Reise entgangenen Nutzen abzustellen sei, sei es für die Höhe der Entschädigung unerheblich, wie der Reisende im Falle einer vereitelten Reise die vorgesehene Reisezeit verbracht habe. Im entschiedenen Fall hatte ein Ehepaar eine Kreuzfahrt in der Karibik gebucht. Drei Tage vor Beginn der Kreuzfahrt erhielt das Ehepaar die Nachricht, dass die Reise nicht angetreten werden könne, weil es auf dem Schiff keine Buchung für sie gebe. Sie unternahmen anstelle der Kreuzfahrt in die Karibik eine Reise durch Florida. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, die Entschädigung auf 73 % des Reisepreises zu bemessen, hat der BGH nicht beanstandet: Es sei berücksichtigt worden, dass es sich um eine hochwertige und attraktive Kreuzfahrt gehandelte habe, dass der Reiseveranstalter kurzfristig abgesagt habe und es den Eheleuten dadurch erschwert gewesen sei, die vorgesehene Reisezeit in einer ihnen zusagenden anderen Weise zu nutzen. Zudem sei berücksichtigt worden, dass mit der völligen Ausfall der Reise zwar die Erwartungen der Reisenden enttäuscht worden seien, diese aber über ihre freie Zeit verfügen konnten.

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 95/2018 v. 29.5.2018

Autor: Karsten Funke

Karsten Funke, Richter am Landgericht, München

zfs 7/2018, S. 362

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