[9] "II. Die Vorlegungsvoraussetzungen des § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG sind erfüllt. Die Vorschrift des § 121 Abs. 2 GVG ist gem. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG für die Rechtsbeschwerde entsprechend heranzuziehen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.9.2013 – 4 StR 503/12, BGHSt 59, 4, 8; Göhler/Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 79 Rn 38)."

[10] a) Die vorgelegte Rechtsfrage ist von entscheidungserheblicher Bedeutung.

[11] Da die Verfallsbeteiligte den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zulässigerweise auf die Rechtsfolge – die Höhe des Verfallsbetrages – beschränkt hat, steht es der Zulässigkeit der Vorlage nicht entgegen, dass sich das erstinstanzliche Urteil nicht zu der Frage verhält, ob einer der gesetzlichen Ausnahmetatbestände zum Sonntagsfahrverbot nach § 30 Abs. 3 S. 2 StVO vorlag.

[12] Der Zulässigkeit der Vorlage steht auch nicht entgegen, dass sich das erstinstanzliche Urteil nicht damit auseinandersetzt, inwiefern für den in Rede stehenden Transport eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 StVO hätte erteilt werden können und inwiefern die ersparten Kosten für das Genehmigungsverfahren als erlangtes Etwas i.S.v. § 29a OWiG in Betracht kommen. Bei einem Verstoß gegen ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt – ein solches stellt das Sonntagsfahrverbot dar (vgl. Janker/Hühnermann in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl., 2016, § 46 StVO Rn 1; König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 30 StVO Rn 15) – kommen die ersparten Kosten des Genehmigungsverfahrens grds. nicht als erlangtes Etwas in Betracht, da das bußgeldbewehrte Verhalten ohne tatsächlich erteilte Genehmigung nicht nur formell, sondern materiell rechtswidrig ist und die hypothetische Ermessensausübung der Verwaltungsbehörde nicht im Bußgeldverfahren ersetzt werden kann (OLG Celle, NZV 2013, 610, 611; OLG Hamburg, NStZ 2014, 340, 342; OLG Schleswig, Beschl. v. 20.6.2016 – 2 Ss OWi 52/16 (37/16), juris Rn 15; Louis in: Blum/Gassner/Seith, Ordnungswidrigkeitengesetz, § 29a Rn 24; Deutscher in: Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl., Rn 4070; Labi, NZWiSt 2013, 41, 44; Pelz, Festschrift für Imme Roxin, 2012, S. 193). Dementsprechend spielt es auch bei einem Verstoß gegen das Sonntagsfahrverbot für den Wert des Erlangten keine Rolle, ob eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 StVO hätte erteilt werden können (OLG Celle, NStZ-RR 2012, 151, 152; Rebmann/Roth/Herrmann, Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 18. Lfg. März 2013, § 29a Rn 10).

[13] b) Das OLG Oldenburg kann nicht seiner Ansicht gemäß entscheiden, ohne von dem Beschl. des OLG Braunschweig v. 21.12.2015 abzuweichen. Zwar lag dem Beschl. dieses OLG eine andere mit Bußgeld bedrohte Handlung zugrunde, namentlich die Inbetriebnahme einer Fahrzeugkombination unter Verstoß gegen die höchstzulässige Fahrzeughöhe nach §§ 69a Abs. 3 Nr. 2, 31 d Abs. 1, 32 Abs. 2 StVZO. Die Identität der Rechtsfrage ist allerdings schon dann zu bejahen, wenn wegen Gleichheit der Fragestellung die Entscheidung ohne Rücksicht auf die Verschiedenheit der jeweils zugrunde liegenden Sachverhaltsgestaltungen oder der anwendbaren Vorschriften nur einheitlich ergehen kann (BGH, Beschl. v. 21.9.1999 – 4 StR 71/99, BGHSt 45, 197, 200; BGH, Beschl. v. 22.4.1980 – 1 StR 625/79, BGHSt 29, 252, 254 und BGH. Beschl. v. 1.2.1977 – 1 StR 741/76, BGHSt 27, 110, 112; KK-StPO/Hannich, 7. Aufl., § 121 GVG Rn 34; LR-StPO/Franke, 26. Aufl., § 121 GVG Rn 64). Die OLG Oldenburg und Braunschweig haben – ausgehend davon, dass der Transportlohn aufgrund der jeweiligen bußgeldbewehrten Handlung grds. i.S.v. § 29a OWiG erlangt wurde – die Frage, inwiefern bei der Bestimmung des Verfallsbetrags Streckenanteile des Transports im Ausland zu berücksichtigen sind, allein anhand allgemeiner, nicht am jeweils zugrundeliegenden Bußgeldtatbestand festgemachter Erwägungen beantwortet. Der für die vorliegende Rechtsfrage maßgebliche Sachverhalt – grenzüberschreitende Transporte, bußgeldbewehrte Handlungen auf der Teilstrecke in der Bundesrepublik Deutschland – ist dabei identisch, so dass beide Rechtsansichten für den jeweils anderen Entscheidungsgegenstand Geltung beanspruchen.

[14] c) Die Vorlegungsfrage bedarf jedoch der Umformulierung und Präzisierung.

[15] aa) Das Verfahren, welches dem Vorlagebeschluss des OLG Oldenburg zugrunde liegt, bezieht sich nicht auf einen Verfall nach § 29a Abs. 1 OWiG, sondern auf einen Drittverfall nach § 29a Abs. 2 OWiG. Hierdurch ergeben sich für die vorliegend in Rede stehende Rechtsfrage jedoch keine Unterschiede, da § 29a Abs. 1 und Abs. 2 OWiG bezüglich der Bestimmung des Erlangten identisch auszulegen sind (BeckOK-OWiG/Meyberg, Stand: 15.1.2017, § 29a Rn 73; KK-OWiG/Mitsch, 4. Aufl., § 29a Rn 41; Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, 2006, Rn 1299; Deutscher, a.a.O., Rn 4067; vgl. für § 73 Abs. 1 und Abs. 3 StGB: NK-StGB/Saliger, 4. Aufl., § 73 Rn 36b; Rönnau, Vermögensabschöpfung i...

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