VV RVG Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 Nr. 3104

Leitsatz

Ein Rechtsanwalt wirkt an einer "auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts" nur mit – und verdient damit eine Terminsgebühr nach § 2 Abs. 2 RVG –, wenn bei Beginn des Gesprächs eine Einigung der Parteien noch nicht erzielt worden war.

BGH, Beschl. v. 9.5.2017 – VIII ZB 55/16

Sachverhalt

Die Kl. hatte mit ihrer den Bekl. am 9.3.2016 zugestellten Klage vor dem AG Brühl die Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung sowie die Zahlung rückständiger Miete verlangt. Am 16.3.2016 kam es zu einem Telefongespräch zwischen dem Bekl. zu 2 und einem Mitarbeiter der von der Kl. beauftragten Hausverwaltung. Darin wurde dem Bekl. mitgeteilt, für den Fall des vollständigen Ausgleichs der rückständigen Mietzahlungen werde die Kl. an dem Räumungsbegehren nicht mehr festhalten. Ferner bat der Mitarbeiter der Hausverwaltung den Bekl. zu 2 in diesem Gespräch, dieses auch dem anwaltlichen Vertreter der Kl. telefonisch mitzuteilen. Noch am selben Tage rief die Bekl. zu 1 im Büro des Prozessbevollmächtigten der Kl. an, der abwesend war. Sie bat um Rückruf, der dann später auch erfolgte. In diesem Telefonat teilte die Bekl. zu 1 dem Prozessbevollmächtigten der Kl. den Inhalt des von dem Bekl. zu 2 geführten Gesprächs mit dem Mitarbeiter der Hausverwaltung mit.

Nach vollständiger Zahlung der Mietrückstände hat die Kl. den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das AG hat den Bekl. die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. In dem nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren hat die Kl. – soweit hier von Interesse – auch die Festsetzung einer 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG beantragt. Der Rechtspfleger des AG hat diese Terminsgebühr abgesetzt. Die gegen die Absetzung der Terminsgebühr gerichtete sofortige Beschwerde der Kl. hat das LG Köln zurückgewiesen. Die – vom LG zugelassene – Rechtsbeschwerde der Kl. hatte beim BGH keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen:

[5] "… II. Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das LG hat zu Recht angenommen, dass im Streitfall eine 1,2-fache Terminsgebühr nach § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 S.3 Nr. 2 in Verbindung mit Nr. 3104 VV RVG nicht angefallen ist."

[6] 1. Das LG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, zwar entstehe die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG auch für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet seien, insb. auch in Fällen in denen der Bevollmächtigte einer Partei im Rahmen des Telefonats die auf eine Erledigung des Verfahrens gerichteten Äußerungen der Gegenseite zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei zur Kenntnis nehme. Im Streitfall hätten sich die Parteien indes bereits in dem vorangegangenen Gespräch mit der Hausverwaltung geeinigt; das Gespräch mit dem Prozessbevollmächtigten habe lediglich dazu gedient, diesen von der Einigung in Kenntnis zu setzen. Dies reiche für das Entstehen der Terminsgebühr nicht aus.

[7] 2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen ist.

[8] a) Nach § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG verdient der Rechtsanwalt die Terminsgebühr auch durch die Mitwirkung an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Nach der Intention des Gesetzgebers sollte mit dieser Regelung der Anwendungsbereich der Terminsgebühr erweitert werden; die Gebühr soll insb. bereits dann verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Rechtsstreits des Verfahrens gerichteten Besprechungen mitwirkt, insb. wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Einigung zielen (BT-Drucks. 15/1971, S. 209). Dementsprechend hat der BGH an das Merkmal der – auch telefonisch durchführbaren – Besprechung keine besonderen Anforderungen gestellt und die Terminsgebühr als entstanden angesehen, wenn der Gegner die auf eine Erledigung des Verfahrens gerichteten Äußerungen zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei zur Kenntnis nimmt (BGH RVGreport 2007, 68 (Hansens) = zfs 2007, 285 Ls. m. Anm. Hansens = AGS 2007, 129 m. Anm. Schons m.w.N.) oder sich auch nur an Gesprächen mit dem Ziel einer Einigung interessiert zeigt (BGH RVGreport 2007, 183 (Hansens) = zfs 2007, 285 Ls. m. Anm. Hansens = AGS 2007, 292 m. Anm. Schons).

[9] b) Ausgehend von vorstehenden rechtlichen Erwägungen fällt – wie das LG zutreffend erkannt hat – das Telefonat der Bekl. zu 1 mit dem Prozessbevollmächtigten der Kl. v. 16.3.2016 selbst bei Zugrundelegung eines gebotenen weiten Verständnisses nicht mehr unter den Begriff der Besprechung i.S.d. § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG. Für diese rechtliche Wertung ist von entscheidender Bedeutung, dass eine Mitwirkung an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung jedenfalls voraussetzt, dass bei Beginn des Gesprächs, das den genannten Gebührentatbestand auslösen soll, ein...

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