[5] "… II. Das BG ist mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund der im Adhäsionsverfahren ergangenen rechtskräftigen Verurteilung des Bekl., an den Kl. aufgrund des Schadensereignisses vom 28.5.2011 ein Schmerzensgeld von 1.500 EUR zu zahlen, eine erneute Klage zwischen denselben Parteien über denselben Streitgegenstand gem. § 322 ZPO unzulässig ist."

[6] 1. Der Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes im Adhäsionsverfahren hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung einer entsprechenden Klage im bürgerlichen Rechtsstreit (vgl. § 404 Abs. 2 S. 1 StPO). Die in einem Strafverfahren ergangene rechtskräftige Entscheidung über den Antrag, durch den der Verletzte den ihm aus einer Straftat des Beschuldigten erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch (§§ 403 f. StPO) geltend macht, steht gem. § 406 Abs. 3 S. 1 StPO einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen rechtskräftigen Urteil gleich (vgl. Senat NJW 2013, 1163 Rn 8). Nur soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er nach § 406 Abs. 3 S. 3 StPO anderweit geltend gemacht werden. Eine solche Ausnahme liegt im Streitfall nicht vor.

[7] 2. Streitgegenstand des Adhäsionsverfahrens war hier ein (einheitlicher) Anspruch des Kl. gegen den Bekl. auf Schmerzensgeld aus dem Schadensereignis vom 28.5.2011. Das BG ist zutreffend davon ausgegangen, dass es der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Schmerzensgeldes aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (vgl. BGH, [GZS], BGHZ 18, 149, 151 ff. = NJW 1955, 1675; Senat VersR 1961, 164 = BeckRS 2015, 05468 und NJW 2001, 3414 = VersR 2001, 876).

[8] a) Verlangt ein Kl. für erlittene Körperverletzungen – wie im Streitfall – uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden durch den zuerkannten Betrag alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (st. Rspr.: vgl. Senats VersR 1963, 1048, 1049 = BeckRS 2015, 05470; NJW 1980, 2754 = VersR 1980, 975; NJW 1988, 2399 = VersR 1988, 929; NJW 1995, 1614 = VersR 1995, 471, 472; NJW 2001, 3414 = VersR 2001, 876; NJW 2004, 1243 = VersR 2004, 1334, NJW-RR 2006, 712 = VersR 2006, 1090 Rn 7, jew. m.w.N.). Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruchs aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (vgl. Senat NJW-RR 2006, 712 = VersR 2006, 1090 m.w.N.). Lediglich solche Verletzungsfolgen, die zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben müssen, werden von der vom Gericht ausgesprochenen Folge nicht umfasst und können deshalb die Grundlage für einen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld sein (vgl. Senat NJW-RR 2006, 712 = VersR 2006, 1090 m.w.N.).

[9] b) Solche Spätfolgen macht der Kl. im Streitfall jedoch nicht geltend. Er ist vielmehr lediglich der Auffassung, dass ihm das AG (Strafrichter) im Adhäsionsverfahren ein zu geringes Schmerzensgeld zuerkannt hat. Damit kann er jedoch im vorliegenden Rechtsstreit kein Gehör finden. Denn an einer erneuten Beurteilung dieser Frage ist das Zivilgericht aufgrund der Rechtskraft des im Adhäsionsverfahren ergangenen Urteils gehindert (vgl. Senat NJW 1988, 2300 = VersR 1988, 929, 930 m.w.N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. vor § 322 Rn 49 m.w.N.). Der Kl. hat ausweislich der Feststellungen des BG im Adhäsionsverfahren einen unbestimmten Antrag auf Verurteilung zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes gestellt. Hierüber hat der Strafrichter uneingeschränkt entschieden.

[10] c) Wie bereits ausgeführt, kann nach § 406 Abs. 3 S. 3 StPO ein Anspruch nur anderweit geltend gemacht werden, soweit er im Adhäsionsverfahren nicht zuerkannt worden ist. In diesem Fall muss das Strafgericht von einer Entscheidung absehen (§ 406 Abs. 1 S. 3). Dies ist im Streitfall hinsichtlich des Antrags auf Verurteilung zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes nicht erfolgt. Da der Kl. im Strafverfahren nach den Feststellungen des BG lediglich einen unbezifferten Antrag auf Zuerkennung eines angemessenen Schmerzensgeldes gestellt, also weder einen die zuerkannten 1.500 EUR übersteigenden Mindestbetrag noch eine den zuerkannten Betrag übersteigende Größenordnung angegeben hatte, bestand für den Strafrichter keine Veranlassung, von einer diesbezüglichen Entscheidung teilweise abzusehen (vgl. § 406 Abs. 1 S. 3 und 6 StPO) und dem Kl. damit die Möglichkeit zu eröffnen, den nicht entschiedenen Teil gem. § 406 Abs. 3 S. 3 St...

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