" … II. Das zulässige Rechtsmittel hat teilweise Erfolg."

1. Zum Schuldspruch verwirft der Senat allerdings das Rechtsmittel auf Antrag der GenStA gem. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO, als offensichtlich unbegründet.

a) Die Rüge der Verletzung des Beweisantragsrechtes erweist sich aus den zutreffenden Gründen der Stellungnahme der GenStA als unbegründet.

b) Auch die Rüge der Verletzung von § 261 StPO greift letztlich nicht durch.

aa) Zutreffend ist allerdings, dass nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls, welches von der Rechtsbeschwerde vorgetragen worden ist, in der Hauptverhandlung keine Beweise erhoben wurden. Grds. folgt hieraus nach der Wirkung der negativen Beweiskraft des Protokolls, dass als nicht geschehen gilt, was im Protokoll nicht beurkundet worden ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 274 Rn 14 m.w.N.). Vorliegend vermag das Protokoll jedoch keine Beweiskraft – weder eine positive noch eine negative – zu entfalten. Die Beweiskraft eines Protokolls entfällt, wenn eine Urkundsperson oder beide den Inhalt des Protokolls nachträglich für unrichtig erklären, wenn es von ihrer Unterschrift nicht mehr gedeckt ist oder jedenfalls durch eine nachträgliche Erklärung von dem Inhalt des Protokolls abgerückt wird (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Rn 16 m.w.N.). Handelt es sich um ein Protokoll einer Hauptverhandlung in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren, in dem – wie vorliegend – von der Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gem. § 46 Abs. 1 OWiG, § 226 Abs. 2 StPO, abgesehen worden ist, führt allein die Erklärung des Abteilungsrichters als einziger Urkundsperson, dass er sich von dem Inhalt des von ihm unterzeichneten Protokolls distanziere und dieses als unrichtig ansehe, zum Wegfall der Beweiskraft des Protokolls.

Der Abteilungsrichter hat in seiner dienstlichen Erklärung v. 5.11.2013 erklärt, dass das Messprotokoll, die Eichbescheinigung sowie das Messbild mit dem Zeugen P erörtert worden seien. Ferner teilt der Abteilungsrichter in seiner dienstlichen Erklärung mit, dass an anderer Stelle aus dem Protokoll ersichtlich sei, dass der Zeuge P in der Hauptverhandlung anwesend gewesen sei. Hieraus und aus den Urteilsfeststellungen folge, dass der Zeuge P vernommen worden sei. Der Inhalt der dienstlichen Äußerung des Abteilungsrichters steht jedoch im Widerspruch zum Inhalt des Protokolls der Hauptverhandlung. Die Distanzierung des Abteilungsrichters von dem Inhalt des von ihm unterzeichneten Protokolls bewirkt den Wegfall dessen Beweiskraft nach § 274 StPO.

Die Folge des Wegfalls der Beweiskraft des Protokolls führt jedoch nicht dazu, dass das Rügevorbringen des Beschwerdeführers als wahr unterstellt wird (vgl. BGHSt 17, 220 ff.; OLG Hamm VRS 105, 41). Der Beschwerdeführer hat indes die Möglichkeit, den Nachweis zu führen, dass ein bestimmter Vorgang geschehen oder nicht geschehen ist; das Rechtsmittelgericht muss im Freibeweisverfahren klären, wie der Verfahrensablauf tatsächlich war (vgl. hierzu Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Rn 18 m.w.N.). Hierzu kann sich das Rechtsmittelgericht aller erreichbaren Beweismittel bedienen, insb. des Urteilsinhalts und dienstlicher Äußerungen der Gerichtsmitglieder, der Prozessbeteiligten und – sofern vorhanden – des Protokollführers. Lässt sich der Verfahrensvorgang dadurch nicht aufklären, so muss die Revision nach dem Grundsatz, dass ihr nur erwiesene Verfahrensfehler zum Erfolg verhelfen können, verworfen werden (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.; OLG Saarbrücken VRS 48, 439; BVerfG StV 2002, 521).

bb) So liegt der Fall hier: Nachdem sich die dienstliche Erklärung des Bußgeldrichters zu der Frage der Verlesung des Messprotokolls und der Eichbescheinigung nicht konkret verhält und auch die Stellungnahme der Instanzverteidigerin zwar die Vernehmung des Zeugen P belegt, die Frage der Verlesung des Messprotokolls und der Eichbescheinigung jedoch offen lässt, kann der tatsächliche Hergang der Hauptverhandlung durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht rekonstruiert werden. Der gerügte Verfahrensverstoß ist damit nicht bewiesen.

2. Der Rechtsfolgenausspruch hält indes sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die knappen Ausführungen in den Urteilsgründen werden den Anforderungen der hiesigen Bußgeldsenate an die Begründung eines Fahrverbots nicht mehr gerecht. Nach st. Rspr. des OLG Celle (NdsRPfl 1992, 290; Beschl. v. 10.7.2003 – 222 Ss 120/03 – OWi; Beschl. v. 26.5.2009 – 322 SsBs 68/09; Beschl. v. 16.9.2009 – 322 SsBs 224/09) verlangt jede Verhängung eines Fahrverbots eine sog. zweistufige Prüfung und deren Darlegung in den Urteilsgründen. Danach ist zunächst zu prüfen, ob aufgrund besonderer äußerer oder subjektiver Umstände ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbots – ggf. unter Erhöhung der nach dem Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelgeldbuße – abgesehen werden kann. Sodann ist abzuwägen, ob eine außergewöhnliche Härte als Folge des Fahrverbots dessen Verhängung entgegensteht. Den Urteilsgründen ist hierzu lediglich zu ent...

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