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Fahrerlaubnisinhaber, die Drogen konsumieren, riskieren ihren Führerschein. Selbst wenn im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren die Fahrerlaubnis nicht entzogen wird, wird anschließend häufig die Fahrerlaubnisbehörde tätig und schreitet zumindest zur Überprüfung der Fahreignung (vgl. § 14 FeV). Ein Rechtsanwalt, der einen Betroffenen im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren oder im Verfahren zur Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis vertritt, muss dabei wichtige Rechtsprechung zur Fahreignung im Zusammenhang mit Drogenkonsum kennen. Diese wird im Folgenden insbesondere unter Berücksichtigung neuester Gerichtsentscheidungen überblicksartig dargestellt.

A. Cannabiskonsum

I. Grundsätzliche Auswirkung auf die Fahreignung

Die Auswirkungen des Konsums von Cannabis auf die Fahreignung ist in Anlage 4 zur FeV geregelt: Bei regelmäßiger Einnahme von Cannabis entfällt die Fahreignung (Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV), bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis besteht die Fahreignung nur, wenn zwischen dem Konsum und dem Führen von Fahrzeugen ausreichend getrennt wird und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegt (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV). Die Abhängigkeit von Cannabis führt zum Verlust der Fahreignung (Nr. 9.4 der Anlage 4 zur FeV).[1]

[1] NK-GVR/Koehl, § 11 FeV Rn 34.

II. Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Alkoholkonsum

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Gesetzgeber Cannabiskonsumenten im Unterschied zu Alkoholkonsumenten im Hinblick auf ihre Fahreignung härteren Anforderungen unterwirft: Beispielsweise verliert derjenige, der regelmäßig Alkohol konsumiert, ohne abhängig zu sein, seine Fahreignung dann nicht, wenn er zwischen dem Alkoholkonsum und der Straßenverkehrsteilnahme hinreichend sicher trennen kann, während derjenige, der regelmäßig Cannabis konsumiert, fahrungeeignet ist. Es bringt jedoch nichts, wenn der Rechtsanwalt unter Hinweis auf diese Ungleichbehandlung die Rechtmäßigkeit der insoweit geltenden Vorschriften infrage stellt:

BVerfG, Beschl. v. 21.12.2004 – 1 BvR 2652/03, zfs 2005, 149 zur Unterscheidung im Ordnungswidrigkeitenrecht: Knüpft der Gesetzgeber beim Verbot des Fahrens unter Alkohol an qualifizierte Grenzwerte (§ 24a Abs. 1 StVG), hingegen beim Verbot des Fahrens unter dem Einfluss bestimmter Drogen an eine Nullwertgrenze (§ 24a Abs. 2 StVG) an, so steht dies jedenfalls dann mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang, wenn – wie vorliegend – bei den einzelnen Drogen im Vergleich zum Alkohol noch nicht die Möglichkeit einer Quantifizierung der Dosiswirkungsbeziehung besteht. Dieser Umstand ist so gewichtig, dass er die unterschiedliche Regelung sachlich zu rechtfertigen vermag.
VGH Mannheim, Beschl. v. 22.11.2004 – 10 S 2182/04, zfs 2005, 158: Die unterschiedlichen Folgen beim Konsum von Drogen wie Cannabis im Verhältnis zum Konsum von Alkohol im Hinblick auf die Fahreignung sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und sind durch die unterschiedlichen Wirkungsweisen, das unterschiedliche Wissen über die Auswirkungen der Drogen auf die Fahreignung und die Unterschiede der sozialen Kontrolle des Konsums begründet.

III. Regelmäßige Einnahme von Cannabis

Wenn die regelmäßige Einnahme von Cannabis feststeht, beispielsweise durch eigene Einlassungen des Betroffenen im Strafverfahren, fehlt die Fahreignung, so dass die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis entziehen wird. Besteht der Verdacht auf die regelmäßige Einnahme, fordert die Fahrerlaubnisbehörde den Betroffenen nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV zur Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens auf. Wird das Gutachten nicht beigebracht, entzieht sie ihm gemäß § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis. Das Gesetz definiert den Begriff der Regelmäßigkeit nicht.[2] Die Rechtsprechung hat folgende Kriterien entwickelt:

BVerwG, Urt. v. 26.2.2009 – 3 C 1/08, zfs 2009, 354: Das Tatbestandsmerkmal der "Regelmäßigkeit" ist zumindest im Normalfall nur dann erfüllt, wenn Haschisch oder Marihuana täglich oder nahezu täglich konsumiert wurden.
BayVGH, Beschl. v. 18.5.2010 – 11 CS 09.2849, SVR 2010, 310: Täglicher oder nahezu täglicher Konsum liegt vor, wenn ein bis zwei Joints täglich über einen Zeitraum von etwas mehr als einem halben Jahr geraucht werden.
OVG Lüneburg, Beschl. v. 8.11.2006 – 12 ME 274/06, Blutalkohol 44, 390: Ausnahmsweise kann auch ein geringerer Konsum zur Annahme der Regelmäßigkeit führen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die durch den regelmäßigen Konsum hervorgerufene Gefahr einer Gewöhnung an das Rauschmittel und Vernachlässigung des erforderlichen Trennungsvermögens besteht.
OVG Lüneburg, Beschl. v. 8.11.2006 – 12 ME 274/06, Blutalkohol 44, 390: Der Besitz von Cannabis allein lässt nicht auf einen regelmäßigen, die Fahreignung ausschließenden Konsum schließen.
BayVGH, Beschl. v. 27.3.2006 – 11 CS 05.1559: Zwar kann ab einem THC-COOH-Wert von mehr als 100 ng/ml der mehr als einmalige Konsum von Cannabis in Form von mindestens zwei getrennten Konsumakten als gesichert angenommen werden. Über ein Konsumverhalten, das nicht in der unmittelbaren Vergangenheit ...

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