Der Kl. macht restlichen Nutzungsausfall nach einem Verkehrsunfall geltend. Bei einem Unfall wurden ein Pferdanhänger der Kl. und ihr Kfz total beschädigt. Die beklagte Haftpflichtversicherung ist in vollem Umfang eintrittspflichtig. Der Unfall hatte sich an einem Freitag ereignet. Am folgenden Montag beauftragte die Kl. einen Kfz-Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens über die Schadenshöhe, das nach Fertigstellung am 3.9. der Kl. am 5.9. zuging. In dem Gutachten wurde die Wiederbeschaffungsdauer eines Fahrzeugs mit 12–14 Kalendertagen angegeben. Am 6.9. übersandte der Prozessbevollmächtigte der Kl. das Gutachten an die Bekl., setzte ihr eine Zahlungsfrist bis zum 17.9.und wies auf Folgendes hin:

"Weiterhin darf ich darauf hinweisen, dass meine Mandantin den ihr entstandenen Schaden nicht vorfinanzieren kann. Etwaige Verzögerungen bei der Schadensregulierung und damit einhergehend bei der Dauer der Wiederbeschaffung gingen daher zu ihren Lasten. Um den Nutzungsausfall gering zu halten, sollten Sie damit im eigenen Interesse für eine fristgerechte Regulierung des o.g. Schadens sorgen!"

Am 6.9.2012 bestellte die Kl. bei dem örtlichen Händler ein Ersatzfahrzeug, das erst am 24.9.2012 an die Kl. übergeben wurde. Ihr Prozessbevollmächtigter setze sich mit der Sachbearbeiterin der Bekl. in Verbindung und teilte ihr mit, dass das inzwischen bestellte Ersatzfahrzeug erst an die Kl. herausgegeben werde, wenn es bezahlt sei. Weiterhin wies der Prozessbevollmächtigte die Sachbearbeiterin darauf hin, dass er der Kl. bei verzögerter Regulierung empfehlen werde, sich um einen Kredit zu bemühen und die dabei anfallenden Kosten geltend zu machen. Die Kl. sah von Bemühungen um einen Kredit ab, nachdem die Sachbearbeiterin mitteilte, sie werde den Fahrzeugschaden abrechnen. Die Bekl. überwies am 24.9.2012 einen Betrag von 14.856,52 EUR, sodass sie das Ersatzfahrzeug am 25.9.2012 gegen Zahlung des Kaufpreises erhielt. Zur Begründung des von ihr geltend gemachten Nutzungsausfalls hat die Kl. behauptet, sie sei weder in der Lage gewesen, den Kaufpreis aus Eigenmitteln vorzufinanzieren noch sei sie in der Lage gewesen, einen Überbrückungskredit zu erhalten. Hierzu sei es erforderlich gewesen, dass ein kreditwürdiger Dritter die Mithaftung erklärt hätte. Ein solcher Dritter habe ihr nicht zur Verfügung gestanden.

Die Bekl. hat eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Kl. darin gesehen, dass die Kl. nicht deutlich auf die fehlende Vorfinanzierungsmöglichkeit hingewiesen habe. Bei einer Vorfinanzierung durch einen Überbrückungskredit wären lediglich Überziehungszinsen von 119,19 EUR angefallen. Das AG hat den Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls mit der Begründung abgewiesen, dass der Hinweis des Bevollmächtigten der Kl. v. 6.9.2012 auf die fehlende Vorfinanzierungsmöglichkeit nicht ausreichend gewesen sei, damit die Kl. ein Mitverschulden an dem entstandenen Nutzungsausfall treffe, der zu einem Entfallen des Anspruchs auf Ersatz des Nutzungsausfalls führe. Die von der Kl. eingelegte Berufung mit dem Ziel der Zuerkennung des Nutzungsausfallschadens hatte Erfolg.

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