BGB § 249 Abs. 2 S. 1 § 254 Abs. 2; ZPO § 287

Leitsatz

1. Der Schädiger kann den Geschädigten gem. § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien" Fachwerkstatt verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er ggf. vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden (Senatsurt. v. 28.4.2015 – VI ZR 267/14, VersR 2015, 861, Rn 9 f.; v. 15.7.2014 – VI ZR 313/13, NJW 2014, 3236, Rn 8; v. 3.12.2013 – VI ZR 24/13, VersR 2014, 214, Rn 9; v. 14.5.2013 – VI ZR 320/12, NJW 2013, 2817, Rn 8; v. 13.7.2010 – VI ZR 259/09, DAR 2010, 577, Rn 6 f.; v. 22.6.2010 – VI ZR 302/08, NJW 2010, 2727, Rn 6 f.).

2. Bei Fahrzeugen, die älter sind als drei Jahre, kann der Verweis auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer "freien" Fachwerkstatt insb. dann unzumutbar sein, wenn der Geschädigte konkret darlegt, dass er sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen und dies vom Schädiger nicht widerlegt wird (Senatsurt. v. 28.4.2015 – VI ZR 267/14, VersR 2015, 861, Rn 10; v. 13.7.2010 – VI ZR 259/09, DAR 2010, 577, Rn 8; v. 22.6.2010 – VI ZR 302/08, NJW 2010, 2727, Rn 7 und – VI ZR 337/09, NJW 2010, 2725, Rn 10).

3. Ist ein über neun Jahre altes und bei dem Unfall verhältnismäßig leicht beschädigtes Fahrzeug zwar stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert, dort aber in den letzten Jahren vor dem Unfall nicht mehr gewartet worden, ist der Verweis auf eine "freie" Fachwerkstatt nicht unzumutbar.

BGH, Urt. v. 7.2.2017 – VI ZR 182/16

Sachverhalt

Der Streit der Parteien dreht sich allein um die Frage, ob der Kl. im Rahmen der von ihm gewählten Abrechnung seinen Fahrzeugschaden aus einem Verkehrsunfall nach den niedrigeren Stundenverrechnungssätzen einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt, die ihm die beklagte Haftpflichtversicherung seines Unfallgegners benannt hat, oder auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangen kann.

Der BGH fasste in der Entscheidung die von ihm entwickelten Grundsätze zusammen.

2 Aus den Gründen:

[4] "… Das BG hat die höheren Reparaturkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt in Ansatz gebracht. Zwar entspreche der Qualitätsstandard der hier erforderlichen Reparatur in der Fachwerkstatt S demjenigen einer markengebundenen Fachwerkstatt. Die Verweisung des Kl. auf die günstigere Reparaturmöglichkeit in der Fachwerkstatt S sei für den Kl. aber im konkreten Fall unzumutbar. Nach der höchstrichterlichen Rspr. werde die Verweisung “insb.‘ dann als unzumutbar angesehen, wenn der Geschädigte konkret darlege, dass er sein mehr als drei Jahre altes Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt habe warten und reparieren lassen. Damit setze die Annahme der Unzumutbarkeit jedoch nicht zwingend voraus, dass eine lückenlose Wartung gem. Scheckheft und gelegentliche Wartungsarbeiten ausschließlich in der markengebundenen Fachwerkstatt erfolgt sein müssten. Entscheidend seien die Umstände des Einzelfalls. Da es im vorliegenden Fall um die sach- und fachgerechte Beseitigung eines Unfallschadens gehe, komme es maßgeblich darauf an, wem der Geschädigte in der Vergangenheit sein Fahrzeug für Reparaturarbeiten an die Hand gegeben habe. Darauf, ob er zusätzlich auch die vom Hersteller vorgegebenen Inspektionen bei der markengebundenen Fachwerkstatt habe durchführen lassen, komme es nicht an; dies könne nicht mehr als Indizcharakter für den Rückschluss auf die (subjektive) Unzumutbarkeit der Verweisung haben. Anderenfalls führte schon ein einziger Ölwechsel, ein Radwechsel oder ein Wechsel der Scheibenwischblätter in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt dazu, dass im Schadensfall eine Verweisung auf eine günstigere Referenzwerkstatt möglich wäre. Wenn ein Geschädigter – wie im vorliegenden Fall – durch die Vorlage von Rechnungen plausibel belege, dass er in der Vergangenheit zwar nicht die Inspektionen, dafür aber sämtliche Reparaturarbeiten im eigentlichen Sinne in einer markengebundenen Fachwerkstatt habe durchführen lassen, stelle sich aus seiner für die Schadensberechnung maßgeblichen subjektiven Sicht eine Verweisung auf eine freie Fachwerkstatt als unzumutbar dar."

[5] II. Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

[6] 1. Der erkennende Senat hat in mehreren Entscheidungen Stellung dazu bezogen, unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter, der den Ersatz fiktiver Reparaturkosten begehrt, gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Erstattung der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangen kann.

[7] Der Geschädigte darf, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen, dieser grds. die üblichen Stundenverrechnungssä...

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