Das in § 249 Abs. 1 normierte Restitutionsprinzip ist bei der Unfallregulierung nur von akademischer Bedeutung. Kein Unfallgeschädigter wird es dem Schädiger überlassen, den früheren Zustand seines beschädigten Fahrzeugs wiederherzustellen.

Es verbleibt daher bei der dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 eingeräumten Ersetzungsbefugnis, den "erforderlichen" Geldbetrag zu verlangen.

Der BGH führt in seiner Entscheidung vom 19.7.2016[6] aus, dass der Geschädigte gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen kann:

"Sein Anspruch ist auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrags und nicht auf Ausgleich von ihm bezahlter Rechnungsbeträge gerichtet."

Es ist auf die Sichtweise des Geschädigten abzustellen ("subjektbezogene Schadensbetrachtung"), die jedoch nicht dazu führt, dass der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer auch für überhöhte Schadenbeseitigungskosten einzustehen hat. Weiter heißt es in der Entscheidung vom 19.7.2016[7] :

"Den Geschädigten trifft gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB grundsätzlich die Darlegungslast hinsichtlich des oben beschriebenen erforderlichen Herstellungsaufwandes."

Wenn der Geschädigte die Reparaturkosten, die Mietwagenkosten und die Sachverständigenkosten gezahlt hat, hat er insoweit einen Schaden erlitten, der grundsätzlich vom Schädiger – bzw. dessen Haftpflichtversicherung – zu ersetzen ist, es sei denn, den Geschädigten trifft bei der Auswahl der Werkstatt, des Sachverständigen und des Mietwagenunternehmens ein Auswahlverschulden oder ein Überwachungsverschulden.

Ein derartiges Verschulden ist nur in krassen Ausnahmefällen anzunehmen, wenn eine erkennbar ungeeignete Werkstatt oder ein offensichtlich ungeeigneter Sachverständiger oder ein Mietwagenunternehmen in Anspruch genommen wird, welches erkennbar überhöhte Preise verlangt. Es gilt dann auch hier der Grundsatz, der bereits in der Entscheidung vom 29.10.1974[8] aufgeführt worden ist, dass dem Geschädigten nur die Mittel für diejenigen Maßnahmen zur Verfügung zu stellen sind, "die ein verständiger Fahrzeugeigentümer in der besonderen Lage des Geschädigten zur Schadensbeseitigung treffen würde".

Nach einhelliger Rechtsprechung[9] sind auch die Schadenpositionen zu ersetzen, die über den tatsächlichen Schaden hinausgehen, wenn den Geschädigten bei der Auswahl der Werkstatt, des Sachverständigen und des Mietwagenunternehmens kein Verschulden trifft.

Das "Werkstattrisiko" trägt auch weiterhin der Schädiger, der ggf. gegen die Werkstatt Rückforderungsansprüche geltend machen kann, wenn er den Schaden reguliert und der Geschädigte seine Rückforderungsansprüche/Schadenersatzansprüche gegen die Werkstatt an den Haftpflichtversicherer abtritt.

Diese Grundsätze gelten jedoch nur dann, wenn der Geschädigte die Reparaturrechnung, die Mietwagenrechnung und die Sachverständigenrechnung auch tatsächlich bezahlt hat, so dass ihm auch ein entsprechender "Schaden" entstanden ist. Etwas anderes muss gelten, wenn der Geschädigte keinerlei Zahlungen geleistet und seine Schadenersatzansprüche an die Werkstatt, an das Mietwagenunternehmen und an den Sachverständigen abgetreten hat. Zur Zahlung überhöhter Rechnungen ist der Geschädigte ohnehin nicht verpflichtet.

Der Geschädigte hat dann die Darlegungs- und Beweislast für die Erforderlichkeit der geltend gemachten Aufwendungen.

[6] VI ZR 491/15, zfs 2017, 23, 24.
[7] VI ZR 491/15, zfs 2017, 23, 24.
[8] VI ZR 42/73, NJW 1975, 160 = VersR 1975, 184.
[9] BGH, VI ZR 42/73, NJW 1975, 160 = VersR 1975, 184 und BGH, VI ZR 491/15 zfs 2017, 23 ff.

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