" … 2. Ansprüche auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wegen des für die Zeit ab August 2008 behaupteten und auf eine psychische Erkrankung gestützten Versicherungsfalls scheitern nicht schon daran, dass der Kl. möglicherweise schon zu einem früheren Zeitpunkt wegen seiner Wirbelsäulenbeschwerden berufsunfähig gewesen ist."

a. In der vom Kl. vorgelegten Bescheinigung des Neurologen/Psychiaters R heißt es, der Kl. stehe seit Mai 2004 wegen eines chronischen Schmerzsyndroms nach zwei Bandscheibenoperationen und eines reaktiven depressiven Syndroms in Behandlung; er sei nur in der Lage maximal eine halbe Stunde zu sitzen; es bestehe zeitweise ein aufgehobenes Leistungsvermögen, die Prognose sei ungünstig. Im Gutachten G ist von einem chronisch regionalen Schmerzsyndrom die Rede, weshalb “zur Zeit nicht daran zu denken’ sei, dem Kl. “eine regelmäßige Erwerbstätigkeit zuzumuten’.

b. Gelegentlich wird vertreten, wenn eine Berufsunfähigkeit wegen eines nach dem Vertrag vom Versicherungsschutz ausgeschlossenen Umstands eingetreten sei, bestehe auch dann, wenn der Versicherte später wegen eines anderen, nicht ausgeschlossenen Umstands berufsunfähig werde, eine Leistungspflicht des VR nicht (vgl. Lücke, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, § 5 BU Rn 3 … ). Für den Streitfall würde das bedeuten, dass bei unterstellter wirbelsäulenbedingter Berufsunfähigkeit vor dem Jahr 2008 eine zeitlich nachfolgende schwere Depression von vornherein keine Leistungsansprüche des Kl. mehr begründen könnte.

Das ist – jedenfalls für die hiesige Konstellation – abzulehnen. Eine Vertragsbeendigung ist selbst bei Annahme einer früher eingetretenen, aber eine Leistungspflicht nicht bedingenden Berufsunfähigkeit richtigerweise nicht zu konstruieren. Soweit Anderes in der Schadensversicherung gelten kann, für die den – unmittelbar eigentlich nur die Prämienzahlungspflicht betreffenden – Regelungen der §§ 68 Abs. 2 VVG a.F., 80 Abs. 2 VVG entnommen wird, dass bei dauerndem Wegfall des versicherten Interesses der Versicherungsvertrag erlischt (siehe nur Langheid, in: Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn 8; OLG Hamm VersR 1999, 60). Obwohl sie unmittelbar nur die Prämienzahlungspflicht betrifft, sind diese für die Summenversicherung nicht einschlägig. … Die Berufsunfähigkeits(zusatz)versicherung ist aber eine solche. …

Das dauerhafte Entfallen des Versicherungsvertrags oder einer Leistungspflicht der Bekl., sobald irgendwann einmal eine Berufsunfähigkeit im Zusammenhang mit einer vom Versicherungsschutz ausgenommenen Erkrankung eingetreten ist, lässt sich nicht überzeugend begründen. Indem der Vertrag festschreibt, es gelte als vereinbart, dass Erkrankungen und Funktionsstörungen der Wirbelsäule “eine Leistung aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht bedingen und bei der Festsetzung des Grades der Berufsunfähigkeit aus anderen gesundheitlichen Gründen unberücksichtigt bleiben’, fingiert er von Beginn an gewissermaßen einen Zustand, in dem so getan wird, als gäbe es die kranke Wirbelsäule des Kl. nicht. Das kann vom VR nur so gemeint sein und nach dem Empfängerhorizont des Kl. auch nur so verstanden werden, dass eine Leistungspflicht des VR wegen einer wann auch immer eintretenden, von dem Leistungsausschluss sachlich nicht erfassten anderen Krankheit, sofern sie eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit begründet, unberührt bleibt …

Überträgt man das auf die hiesige Gestaltung, so hängen die Berufsunfähigkeit und die Leistungspflicht der Bekl. davon ab, ob der Kl. bei unterstellter gesunder Wirbelsäule die hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllen würde. Nur dieses Ergebnis wird auch dem von den Parteien verfolgten und erkennbaren wirtschaftlichen Sinn der Vereinbarung gerecht. Risikoausschlussklauseln verfolgen den Zweck, ein für den VR nicht überschaubares Risiko auszuklammern, das eine wirtschaftliche Prämienkalkulation mit möglichst niedrigen Beiträgen für die Gesamtheit der Versicherungskunden erschweren würde (BGH VersR 1975, 1093). Da schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine erhöhte Gefahr der Berufsunfähigkeit wegen Beschwerden der Wirbelsäule erkennbar war, kam es der Bekl. ersichtlich darauf an, dieser Gefahr – und nur dieser – durch den Risikoausschluss zu begegnen, dem Kl. demgegenüber darauf, für alle anderen Erkrankungen Versicherungsschutz zu erlangen. Ihm diesen zuzubilligen, belastet die Bekl. nicht unangemessen, weil sie gerade solches versprochen hat.

3. Klage und Berufung sind indessen deshalb unbegründet, weil der Kl. nicht bewiesen hat, dass der seit dem Jahr 2008 gegebene Gesundheitszustand die Voraussetzungen des § 2 BB-BUZ erfüllt.

Dass er unter psychischen Beschwerden leidet, die ihm die Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit zu mindestens 50 % unmöglich machen, mag zwar nicht ausgeschlossen werden können, es ist aber auch nicht mit einer dem Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO genügenden Sicherheit festzustellen. Diese Unklarheit geht zu seinen Lasten.

a. Nach den §§ 2 Abs. 3, 1 A...

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