" … Der Kl. ist berufsunfähig i.S.d. einbezogenen Versicherungsbedingungen und hat ab dem 19.11.2008 Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Berufsunfähigkeitsrente und Beitragsfreistellung bis einschließlich März 2009."

1. Bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist auf das … vorgetragene Berufsbild abzustellen.

a) Für Berufsunfähigkeit im privatversicherungsrechtlichen Sinn ist nicht die Beeinträchtigung der allgemeinen Leistungsfähigkeit oder der Belastbarkeit schlechthin maßgebend. Es geht vielmehr darum, wie sich gesundheitliche Beeinträchtigungen in einer konkreten Berufsausübung auswirken. Bei dieser Beurteilung muss bekannt sein, wie das Arbeitsfeld des betreffenden Versicherten tatsächlich beschaffen ist und welche Anforderungen es an ihn stellt (BGHZ 119, 263, Tz. 16, juris).

Insoweit ist es Sache desjenigen, der den Eintritt des Versicherungsfalles Berufsunfähigkeit geltend machen will, substantiiert vorzutragen und im Falle des Bestreitens Beweis für sein Vorbringen anzutreten. Als Sachvortrag genügt dabei nicht die Angabe eines bloßen Berufstyps und der Arbeitszeit. Es muss von dem Versicherten, der hierzu unschwer imstande ist, verlangt werden, dass er eine ganz konkrete Arbeitsbeschreibung gibt, mit der die für ihn anfallenden Leistungen nach Art, Umfang und Häufigkeit für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden (BGH, a.a.O., Tz. 17).

b) Diesen Anforderungen genügt der Prozessvortrag des Kl. Er hat auf die landgerichtliche Verfügung vom 13.1.2011zu seiner Tätigkeit als Geschäftsstellenleiter der C AG im Form eines selbstständigen Handelsvertreters gem. § 84 HGB und Finanzvermittler vorgetragen und die zugrunde liegenden Verträge vorgelegt. Sodann hat der Kl. … umfangreich zu seinem konkret ausgeübten Beruf vorgetragen. Er habe rund 46,5 Stunden in der Woche gearbeitet. Als Geschäftsstellenleiter er die Betreuung, Kontrolle und Schulung der seiner konkret zugeordneten Handelsvertreter zu verantworten gehabt. Daneben habe er selbst Finanzprodukte vermittelt. …

Der Senat hat auf der Grundlage der übereinstimmenden Angaben des Kl. und der Zeugen keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Vortrag des Kl. zur Ausgestaltung seiner beruflichen Tätigkeit der Wahrheit entspricht. …

2. Zur Überzeugung des Senats steht weiter fest, dass der Kl. krankheitsbedingt außer Stande ist, seine vor der Inhaftierung ausgeübte berufliche Tätigkeit zumindest zu 50 % wieder aufzunehmen. …

Entscheidend für die Überzeugungsbildung ist das Ergebnis des Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungen und Erläuterungen. Die Sachverständige konnte überzeugend darlegen und begründen, weshalb sie davon ausgeht, dass der Kl. nicht mehr in der Lage ist, seinen zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben. Dabei hat sie in ihrem Ergänzungsgutachten vom 29.12.2013 zutreffend darauf hingewiesen, dass es bei der Beurteilung nicht allein auf die genaue Diagnose (hier: Schweregrad der depressiven Episode) ankomme, sondern dass entscheidend auf die Beeinträchtigungen der für den konkreten Beruf erforderlichen Fähigkeiten abzustellen sei. … Unabhängig davon, dass gewisse Unsicherheiten hinsichtlich des Schweregrads der depressiven Episode verbleiben, ist daher davon auszugehen, dass der Kl. in den Bereichen Gesprächsführung (Verkaufen von Finanzprodukten), Mitarbeiterführung und Belastbarkeit krankheitsbedingt erheblich eingeschränkt ist. Dabei handelt es sich um grundlegende und unabdingbare Voraussetzungen seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit eines Geschäftsstellenleiters eines Unternehmens der Finanzbranche, sodass bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorliegt.

3. Die Berufsunfähigkeit des Kl. ist nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 AVB mit Behandlungsbeginn 19.11.2008 eingetreten.

a) Allerdings konnte die Prognose, dass der Kl. infolge seiner Krankheit für voraussichtlich mindestens sechs Monate zu mindestens 50 % außerstande sein würde, seinen zuletzt ausgeübten Beruf in der maßgeblichen Ausprägung auszuüben, bei retrospektiver Betrachtung entsprechend den Ausführungen der Sachverständigen erst zum 5.5.2009 und damit zu einem Zeitpunkt nach Beendigung des Versicherungsvertrags gestellt werden. …

b) Dies steht dem Leistungsanspruch des Kl. indes nicht entgegen. § 2 der einbezogenen Versicherungsbedingungen ist auslegungsbedürftig. …

Diese Vorschrift lässt – entsprechend der Ansicht der Bekl. – ein Verständnis zu, dass damit der Zeitpunkt gemeint ist, zu dem die Prognose der Berufsunfähigkeit erstmals gestellt werden kann. Dann würde es sich um eine letztlich unnötige, lediglich klarstellende Regelung handeln, da sich dies bereits aus § 2 Nr. 1 AVB ergibt. Die Vorschrift kann aber auch dahingehend verstanden werden, dass damit der Beginn der Erkrankung gemeint ist, die zu einer mindestens 50 %igen Berufsunfähigkeit führt, auch wenn die Prognose erst zu einem späteren Zeitpunkt gestellt werden kann. Schließlich kann die Bestimmung auch so verstanden werden, dass nach sechsmonatiger Dauer der Erkrankung der Versicherungsfall mit deren Beginn als eingetreten gilt. E...

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