[11] "… Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch im Übrigen zulässig. …"

[12] Die Revision ist jedoch unbegründet. Das LSG hat die Berufung des Bekl. zu Recht zurückgewiesen und damit zutreffend die Entscheidung des SG bestätigt, dem Kl. stehe ein Freistellungsanspruch i.H.v. 309,40 EUR gegen den Bekl. zu. …

[15] 2. Der Kl. hat den geltend gemachten Anspruch hinsichtlich seiner Aufwendungen im Vorverfahren nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X. Danach hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

[16] Die Voraussetzungen für den Kostenerstattungsanspruch liegen vor. Der Widerspruch des Kl. war im Ergebnis in vollem Umfang erfolgreich. … Zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zählen gem. § 63 Abs. 2 SGB X regelmäßig die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war, was der Bekl. anerkannt hat. Gebühren und Auslagen i.S.d. § 63 Abs. 2 SGB X sind die gesetzlichen Gebühren (BSG BSGE 78, 159), also auch die Gebühren und Auslagen, die ein Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG in Rechnung stellt (BSG zfs 2010, 463 m. Anm. Hansens = RVGreport 2010, 258 (Hansens)). Hier ist eine ordnungsgemäße Abrechnung, die den Anforderungen des § 10 Abs. 2 RVG entspricht, durch das Schreiben des Bevollmächtigten vom 8.9.2010 erfolgt, wie sich aus den Feststellungen des LSG ergibt.

[17] 3. Außer den genannten Voraussetzungen für die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens sind keine weitergehenden Anforderungen an einen Kostenerstattungsanspruch zu erkennen. Insb. steht dem Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs. 1 SGB X nicht entgegen, dass der Rechtsanwalt des Kl. bislang an diesen persönlich keine Abrechnung übersandt hat, die den Anforderungen des § 10 RVG genügt. Insofern schließt sich der Senat der Rechtsprechung des BGH (RVGreport 2011, 303 (Hansens) = AGS 2011, 423) an, der bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der einem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ausgeführt hat, es sei zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 S. 1 RVG, wonach der Rechtsanwalt die Vergütung grds. nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern könne, betreffe lediglich die Frage, wann eine entstandene und nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG mit Erledigung des Auftrags oder Beendigung der Angelegenheit fällige Gebühr von dem Mandanten einforderbar sei. Somit wird von § 10 Abs. 1 RVG allein das Innenverhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt geregelt, nicht aber das Außenverhältnis zu einem erstattungspflichtigen Dritten.

[18] Weiterhin wird vom BGH ausgeführt, dass für den Fall, dass dem Gegner keine den Anforderungen des § 10 RVG entsprechende Berechnung vorgelegt worden sei, der Anspruch nicht an der Bestimmbarkeit der Höhe des Gebührenanspruchs scheitere, da der Rechtsanwalt – im dortigen Fall mit der von ihm selbst verfassten Klageschrift betreffend diese Geltendmachung des Gebührenanspruchs für seinen Mandanten – von seinem Bestimmungsrecht i.S.d. § 14 RVG hinreichend Gebrauch gemacht habe (BGH a.a.O., Rn 18). Die herausgearbeiteten Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall übertragbar, denn auch im dortigen Fall ist eine Rechnungsstellung der Rechtsanwaltsgebühren an den Kl. nicht erfolgt und direkt Zahlungsklage erhoben worden. Die den Anforderungen des § 10 Abs. 2 RVG entsprechende Berechnung der Höhe der Kosten ist vorliegend nicht durch Klageerhebung, sondern aufgrund der Abrechnung gegenüber dem Bekl. vom 8.9.2010 erfolgt. Außerdem ist es möglich, dass die Berechnung des Rechtsanwalts nicht dem Auftraggeber, sondern einem Dritten (etwa der Rechtsschutzversicherung) mitgeteilt wird (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 21. Aufl., § 10 RVG Rn 8). Dass eine Berechnung nach § 10 RVG keine Voraussetzung für einen Kostenerstattungsanspruch ist und der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht über das Innenverhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt hinaus auch auf das Außenverhältnis zu einem erstattungspflichtigen Dritten auszudehnen ist, zeigt im Übrigen auch die Möglichkeit, dass ein Auftraggeber auf die Einhaltung der Erfordernisse des § 10 RVG ganz oder teilweise verzichten kann, was auch stillschweigend erfolgen kann (Hartmann, KostG, 40. Aufl., § 10 RVG Rn 9).“

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