BGB § 823

Leitsatz

Zur Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers eines Transportcontainers und zu seiner Haftung gegenüber einem Transporteur, der durch die zuschlagende Tür des Containers verletzt wird.

BGH, Urt. v. 1.10. 2013 – VI ZR 369/12

Sachverhalt

Der Kl. ist als selbstständiger Transportunternehmer tätig. Als Eigentümer einer Sattelzugmaschine und einem von der Bekl. zu 1) gemieteten Chassis führte er als Fahrer Transporte durch. Die Bekl. zu 1) betreibt ein Containerterminal in einem Hafen, das dem Umschlag von Containern zwischen Containerschiffen und Landtransportmitteln dient. Die Bekl. zu 3) ist ein Unternehmen, das am Frachtverkehr mit Containern teilnimmt. Die Bekl. zu 4) ist eine Reederei mit Sitz in Kuwait.

Die Bekl. zu 1) beauftragte den Kl. aufgrund eines ihr von einem dritten Unternehmen erteilten Transportauftrags, einen leeren Container von ihrem Betriebsgelände zum Betriebsgelände der Bekl. zu 3) zu transportieren, den Container dort von der Bekl. zu 3) beladen zu lassen und dann zurück zum Betriebsgelände der Bekl. zu 1) zu befördern. Der Kl. führte den Transport des Containers zum Betriebsgelände der Bekl. zu 3) durch, fuhr den Container dort mit geöffneten Türen an die Laderampe und ließ ihn von Mitarbeitern der Bekl. zu 3) beladen. Die rechte Tür des Containers hatte er mit einem Nylonseil gesichert, das sich bereits bei der Aufnahme des Containers auf dem Betriebsgelände der Bekl. zu 1) an dem Container befand. Das morsche Seil riss, als eine Windböe den Container erfasste. Der am Container stehende Kl. wurde von der zuschlagenden Tür am Kopf getroffen und dadurch schwer verletzt. Der Kl. hat von den Bekl. zu 1) und zu 3) sowie von der Bekl. zu 4), der Eigentümerin des Containers, Ersatz der ihm entstandenen materiellen und immateriellen Schäden verlangt. Die zunächst auch gegen die Bekl. zu 2) gerichtete Klage hat der Kl. zurückgenommen.

Das LG hat die Klage abgewiesen; die Berufung des Kl. blieb erfolglos. Die von dem BG zugelassene Revision hinsichtlich der Abweisung der gegen die Bekl. zu 4) gerichtete Klage blieb ohne Erfolg.

2 Aus den Gründen:

[11] "… 1. Ohne Rechtsfehler verneint das BG einen vertraglichen Anspruch des Kl. gegen die Bekl. zu 4). Die Revision wirft insoweit die Frage auf, ob zwischen der Bekl. zu 4) und der Bekl. zu 1) ein Mietvertrag betreffend den Container bestand, wer insoweit beweispflichtig wäre und ob der Kl. in den Schutzbereich eines solchen Mietvertrags einbezogen war. Sofern es auf das Vorliegen eines Mietvertrags überhaupt ankommen könnte, kann dem BG jedenfalls keine mangelnde Aufklärung des Sachverhalts vorgeworfen werden. Es wäre die Sache des Kl. gewesen, für das Bestehen eines solchen Vertrages Beweis anzutreten, etwa durch die Benennung der verantwortlichen Mitarbeiter der Bekl. zu 1) und zu 4) als Zeugen. Bereits im Urteil des LG ist darauf hingewiesen, dass ein Beweisantritt für das Bestehen eines Mietvertrags fehlt. Die Revision zeigt nicht auf, dass das BG insoweit gestellte Beweisanträge des Kl. verfahrenswidrig übergangen hat. Im Übrigen zeigt die Revision auch nicht auf, dass die vom BG unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verneinte Verantwortlichkeit der Bekl. zu 4) für die vom Kl. erlittenen Verletzungen im Rahmen einer mietvertraglichen Haftung abweichend zu bejahen sein könnte."

[12] 2. Hinsichtlich der Beurteilung der Verkehrssicherungspflicht der Bekl. zu 4) für den in ihrem Eigentum stehenden Container ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

[13] a) Nach st. Rspr. des BGH ist derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, grds. verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren (Senatsurt. v. 6.3.1990 – VI ZR 246/89, r+s 1990, 270 = VersR 1990, 796; v. 8.11.2005 – VI ZR 332/04, r+s 2006, 212 = VersR 2006, 233 Rn 9 …). Verkehrssicherungspflichtig ist auch derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine eingetretene Gefahrenlage andauern lässt (vgl. Senatsurt. v. 12.2.1985 – VI ZR 193/83, r+s 1985, 139 = NJW 1985, 1773; v. 2.10.2012 – VI ZR 311/11, a.a.O.; BGH, Urt. v. 2.2.2006 – III ZR 159/05, VersR 2006, 803 Rn 12 und v. 16.2.2006 – III ZR 68/05, VersR 2006, 665 Rn 13).

[14] b) Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vork...

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