StPO § 111a; StGB § 69 Abs. 2 Nr. 2 § 316 Abs. 1

Leitsatz

Trotz eines Verstoßes gegen § 316 Abs. 1 StGB kann das Gericht von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis absehen, wenn sich der Beschuldigte nur auf einem Parkplatz wenige Meter bewegt hat, um dort zu übernachten.

(Leitsatz der Schriftleitung)

AG Verden, Beschl. v. 4.12.2013 – 9a Gs 924 Js 43392/13 (3757/13)

1 Aus den Gründen:

"Die StA hat beantragt, dem Beschuldigten gem. § 111a StPO die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen."

Der Antrag der StA war zurückzuweisen, da die endgültige Klärung des Sachverhalts der Hauptverhandlung vorbehalten bleiben muss.

Zwar liegt nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen ein Verstoß gegen § 316 Abs. 1 StGB vor, da es sich bei dem Parkplatz einer Diskothek um öffentlichen Verkehrsraum handelt, zugunsten des Beschuldigten ist jedoch anzunehmen, dass er gerade nicht am Straßenverkehr teilnehmen, sondern – was mitgeführte Decken belegen – in seinem Fahrzeug übernachten wollte und es dazu nur wenige Meter auf dem Parkplatzgelände bewegt hat.

Es ist somit nicht fern liegend, dass in der Hauptverhandlung eine Ausnahme von der Regelwirkung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB anzunehmen sein wird.“

Mitgeteilt von RA Bernd Brüntrup, Minden

2 Anmerkung:

Das Gericht (Prüfung von Amts wegen, vgl. NK-GVR/Blum, 1. Aufl., 2014, § 69 StGB, Rn 25) bzw. der Verteidiger können die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB in gar nicht wenigen Fällen widerlegen oder doch zumindest so stark in Zweifel ziehen, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht geboten erscheint. Zu beachten ist allerdings, dass das Gericht diese Ausnahme von der Regelwirkung positiv feststellen muss (vgl. auch OLG Nürnberg, NZV 2007, 642). Eine besonders kurze oder unter besonderen Umständen zurückgelegte Wegstrecke gab schon früher Anlass zur Abweichung von der Regelwirkung beim Vorwurf des § 316 Abs. 1 StGB (vgl. AG Westerstede, NZV 2012, 304; BayOblG, DAR 1969, 177; OLG Stuttgart, NJW 1987, 142; König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 69 StGB, Rn 19a). Insofern bestätigt die vorliegende Rspr. diese einhellige Rechtsansicht und mahnt die Verfahrensbeteiligten, die gesetzliche Indizwirkung auch eben nur als solche zu verstehen.

RiAG Dr. Benjamin Krenberger

zfs 6/2014, S. 349

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