In der Jubiläumsauflage hat sich Krumm, ein renommierter Verkehrsrechtsexperte, dem bisherigen Alleinautor Freyschmidt beigesellt. Er hat den materiell-rechtlichen Teil übernommen, so dass sich Freyschmidt auf das Verfahrensrecht konzentrieren kann. Neue Rechtsprechung und Literatur sind bis Juli 2013 erschöpfend eingearbeitet. Die Autoren haben zahlreiche beherzigenswerte Expertentipps und Hinweise eingestreut.

Nach einleitenden Überlegungen zum Mandat in Verkehrsstrafsachen (z.B.: Interessenkollision, Rechtsversicherung, Obliegenheiten, Akteneinsicht, Honorar) behandelt Krumm die wichtigsten Paragrafen – §§ 222, 229, 316, 315b, 315c, 323a, 142, 240, 316a StGB, § 21 StGV, § 6 PflVG – sowie Entziehung der Fahrerlaubnis und Fahrverbot. Dabei hat er spezifisch verkehrsrechtliche Aspekte aus den genannten Straftatbeständen herausgefiltert. Zur Sprache kommen u.a.: HWS-Schleudertrauma, alkohol- u. drogenbedingte Fahruntüchtigkeit, Tatbegehung im öffentlichen Verkehr, verkehrsfeindliche Inneneingriffe, die "sieben Totsünden" bei der Gefährdung des Straßenverkehrs, Bemerkbarkeit eines Unfalls und Tauziehen um eine Parklücke. Hierzu und zu anderen Konstellationen findet der Leser prägnante Verteidigungsüberlegungen vor. Den Abschnitt zum "Fahren ohne Fahrerlaubnis" hat der Verfasser stark ausgeweitet, insbesondere hat er die neue Rechtsprechung des EuGH zum Anerkennungsgebot ausgewertet. Dabei wird allerdings nicht hinreichend deutlich, dass die 3. Führerscheinrichtlinie, was die Anerkennungsgrundlagen angeht, keinen Paradigmenwechsel eingeleitet hat, weshalb wohl auch § 28 Abs. 4 S. 1, 3 FeV unionsrechtskonform überarbeitet werden muss (BVerfG DAR 2012, 14). Die den Verteidigern nahegelegte Kenntnis der sog. Eignungsrichtlinien ist überholt. Einschlägig ist seit Längerem die Anl. 4 zu den §§ 13, 14 FeV.

In der 2. Hälfte des Handbuches führt Freyschmidt den Verteidiger souverän durch alle Stadien des (Verkehrs-)Strafverfahrens (Ermittlung, Strafbefehl, beschleunigtes Verfahren, Anklageerhebung, Hauptverhandlung nebst Kostenerstattung, Berufung, Revision). Sein Blick fällt auch auf Nebenklage und Adhäsionsverfahren. Er zeigt an vielen Beispielen auf, dass die frühere Vorstellung, ein Verteidiger könne im Ermittlungsverfahren noch eher passiv verharren, um sich dann erst in der Hauptverhandlung auszuzeichnen, längst abgedankt hat. Er müsse beweglich sein und möglichst zeitnah den Tatort aufsuchen und Unfallspuren sichern. Es stehe ihm auch gut an, sich für ein Kreuzverhör Basiswissen in der Aussagepsychologie anzueignen und sich auch mit der Grundlage der Unfallanalyse zu beschäftigen, um technische Sachverständigengutachten kritisch bewerten zu können. Die ARGE Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins bietet Mitgliedern entsprechende Fortbildungskurse an. Dem Verfasser liegt daran, die spezifisch verkehrsrechtlichen Perspektiven im Ablauf des Strafverfahrens herauszuarbeiten. Zahlreiche Praxishinweise sollen den Verteidiger gegenüber prozessualen Problemen sensibilisieren. Freyschmidt lenkt den Verteidiger auch auf das Adhäsionsverfahren, das er ausführlich erläutert. Seine Warnung, ein Anerkenntnis des Angeklagten verstoße gegen eine Obliegenheit nach Eintritt des Versicherungsfalls, ist allerdings obsolet. Die VVG-Reform (§ 105 VVG) hat § 7 II (1) AKB a.F. abgeschafft. Als Folge eines Straßenverkehrsunfalls wird ein Vergleich oder ein Urteil im Adhäsionsverfahren dem Verletzten selten etwas einbringen. Der BGH hat in seinem Urteil vom 18.12.2012 klargestellt, dass eine Entscheidung im Adhäsionsverfahren keine Rechtskraft gegenüber den Haftpflichtversicherern entfaltet und ebenso wenig in einem Folgeprozess das zur Entscheidung berufene Gericht bindet.

Das Handbuch bietet schließlich hilfreiche Muster von Verteidigerschreiben. Das Werk lädt zu einer anregenden, gewinnbringenden Lektüre sowie zum Nachschlagen ein.

Autor: Ulrich Ziegert

RA und Notar a.D. Ulrich Ziegert, Lüneburg

zfs 6/2014, S. 313 - 314

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