VVG § 173; BUZ 92 § 2 § 5

Leitsatz

Ist nach den von einem VR seiner Entscheidung zugrunde gelegten ärztlichen Berichten von einer mehr als sechsmonatigen Arbeitsunfähigkeit auszugehen, wird ein Leistungsanerkenntnis fingiert.

(Leitsatz der Schriftleitung)

LG Dortmund, Urt. v. 6.2.2014 – 2 O 249/13

Sachverhalt

Die Kl., eine Arzthelferin, macht wegen psychischer Erschöpfung Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung für die Monate September 2012 bis Juni 2013 geltend. Die Bekl. hat Leistungen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht von Februar 2012 bis August 2012 erbracht, lehnte aber weitere Leistungen ab, nachdem ein ärztliches Gutachten ergeben hatte, dass die Kl. ab der 33. Kalenderwoche (Mitte August) stufenweise wiedereingegliedert werden könne.

2 Aus den Gründen:

" … Die Kl. kann von der Bekl. die im abgeschlossenen Versicherungsvertrag über eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung versprochenen Leistungen (Rente und Beitragsbefreiung) für die Zeit von September 2012 bis einschließlich Juni 2013 verlangen, weil die Bekl. nach Leistungsprüfung aufgrund der ihr zu diesem Zeitpunkt vorliegenden ärztlichen Berichte und Gutachten verpflichtet gewesen wäre, das nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen gebotene Leistungsanerkenntnis abzugeben. Das bedingungswidrige Unterlassen der Abgabe des gebotenen Leistungsanerkenntnisses führt zu dessen Fiktion, so dass sich die Bekl. so behandeln lassen muss, als hätte sie ein Leistungsanerkenntnis abgegeben, welches den Leistungsanspruch der Kl. begründet."

1. Das Schreiben der Bekl. v. 20.8.2012, mit der die Bekl. der Kl. Leistungen für die Zeit v. 1.2.2012 bis zunächst 1.9.2012 zur Verfügung gestellt hat, stellt auch aus der Sicht der Kl. kein die Bekl. zur Leistung verpflichtendes Anerkenntnis dar, da die Bekl. die Leistungen ausdrücklich “ohne Anerkennung einer Rechtspflicht‘ zur Verfügung gestellt hat. Zwar kann auch trotz des Hinweises “ohne Anerkennung einer Rechtspflicht‘ die Zurverfügungstellung von Leistungen aus Sicht des VN ein bedingungsgemäßes Leistungsanerkenntnis darstellen (OLG Karlsruhe, r+s 2013, 34). Das Schreiben der Bekl. v. 20.8.2012 hat jedoch auch für die Kl. hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Zurverfügungstellung von Leistungen bis zunächst zum 1.9.2012 lediglich kulanzweise erfolgt. Denn bereits im Einleitungssatz weist die Bekl. darauf hin, dass nach den bisher vorliegenden Unterlagen über die Frage der Berufsunfähigkeit der Kl. derzeit noch nicht entschieden werden könne. Sodann erläutert die Bekl., dass die noch andauernde Leistungsprüfung sich für die Kl. nicht negativ auswirken solle und ihr deswegen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Leistungen zur Verfügung gestellt werden sollen. Anschließend weist die Bekl. durch einen drucktechnisch hervorgehobenen Satz darauf hin, dass mit diesem Schreiben noch keine Entscheidung über die Frage einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit verbunden sein soll. Dadurch hat die Bekl. den Kulanzcharakter ihrer Entscheidung hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, so dass auch die Kl. das Schreiben v. 20.8.2012 nicht als bedingungsgemäßes Leistungsanerkenntnis verstehen konnte.

2. Die Bekl. wäre aber verpflichtet gewesen, nach Abschluss ihrer Leistungsprüfung auf der Grundlage der von ihr beigezogenen ärztlichen Berichte und Gutachten ihre Leistungspflicht anzuerkennen, anstatt mit Schreiben v. 7.3.2013 den Leistungsantrag der Kl. abzulehnen.

a) Gem. § 2 der vereinbarten BUZ 92 liegt Berufsunfähigkeit nicht nur dann vor, wenn die versicherte Person voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren Beruf auszuüben, sondern auch dann, wenn die versicherte Person 6 Monate ununterbrochen krankheitsbedingt außerstande gewesen ist, ihren Beruf auszuüben. Im letzteren Fall gilt dieser Zustand von Beginn an als Berufsunfähigkeit.

b) In Anwendung dieser vertraglichen Vereinbarungen hätte die Bekl. das in § 5 BUZ 92 geregelte Leistungsanerkenntnis aussprechen müssen. Denn nach dem ihrer Leistungsentscheidung zugrunde gelegten sozialmedizinischen Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung v. 13.7.2012 war die Kl. seit dem 23.1.2012 arbeitsunfähig und sollte in der Lage sein, ihre Berufstätigkeit Mitte August wieder aufzunehmen und spätestens ab der 33. Kalenderwoche in der Lage sein, eine stufenweise Wiedereingliederung vorzunehmen. Nach einem der Bekl. ebenfalls vorliegenden Bericht des Hausarztes der Kl. v. 6.7.2012 sollte bei der Kl. in ca. 2 Monaten mithin frühestens ab September 2012 Arbeitsfähigkeit wieder vorliegen, nachdem der ärztliche Bericht des Hausarztes v. 1.6.2012 den voraussichtlichen Beginn der Arbeitsfähigkeit noch mit dem 6.6.2012 angegeben hatte.

Nach diesen ärztlichen Berichten und Gutachten, die die Bekl. ihrer Leistungsentscheidung zugrunde gelegt hat, bestand für einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit der Kl. in ihrem Beruf als Arzthelferin. Diese, die Prognose bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit ersetzende sog. fiktive Berufsunfähigkeit gem...

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