BGB § 151 § 195 § 197 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 § 221 Abs. 1

Leitsatz

1. Ein außergerichtlich ausdrücklich erklärtes Anerkenntnis "mit den Wirkungen eines Feststellungsurteils" unterliegt der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB.

2. Eine Abfindungsvereinbarung kann die Wirkung eines Anerkenntnisses aufheben, wenn sie einen (konkludenten) Verzicht auf alle weiteren, auch zukünftigen Ansprüche enthält.

3. Bleiben nach einem umfassenden Anerkenntnis "mit den Wirkungen eines Feststellungsurteils" in einer späteren Abfindungsvereinbarung bestimmte zukünftige Ansprüche vorbehalten, so gelten im Zweifel weiterhin die Wirkungen des vorangegangenen Anerkenntnisses – und damit die grundsätzliche 30-jährige Verjährungsfrist – bezogen auf die vorbehaltenen Ansprüche.

(Leitsätze der Redaktion)

OLG Oldenburg, Urt. v. 19.12.2013 – 1 U 67/13

Sachverhalt

Die Kl. begehrt mit der Klage gegenüber der Bekl. klarstellende Feststellungen hinsichtlich einer fortbestehenden Schadensersatzhaftung der Bekl. als Kfz-Haftpflichtversicherer nach einem mit Vorbehalten versehenen Abfindungsvergleich.

Die Kl. war bei einem Verkehrsunfall am 16.2.1992 als Beifahrerin ihres späteren Ehemanns schwer verletzt worden. Das Fahrzeug war bei Glatteis aufgrund unangepasster Geschwindigkeit von der Straße abgekommen und gegen einen Baum geprallt. Dass sich daraus für die Bekl., bei der das vom späteren Ehemann der Bekl. gesteuerte Fahrzeug haftpflichtversichert war, eine Schadenshaftung ergab, ist zwischen den Parteien unstreitig.

Nach entsprechender Aufforderung unter Klageandrohung seitens der damaligen anwaltlichen Vertreter der Kl. erklärte die Bekl. mit Schreiben v. 7.2.1996 unter anderem:

"Was die Ihrerseits erbetenen Erklärungen betreffend den materiellen sowie immateriellen Schaden Ihrer Mandantin anbelangt, so erkennen wir diesen an, wobei diesem Anerkenntnis die Wirkung eines Feststellungsurteils zukommt."

Unter dem 30.10.1996 kam es sodann zu einer Abfindungsvereinbarung, in der sich die Kl. gegen Zahlung von 55.000 DM wegen aller bisherigen und künftigen Ansprüche aus dem Schadensereignis vom 16.2.1992 unter nachfolgendem Vorbehalt in der Abfindungsvereinbarung für endgültig abgefunden erklärt hat. Der Vorbehalt lautete:

"Vorbehalten bleiben künftiger materieller, unfallbedingter Verdienstausfallschaden ab dem 1.4.1996 und ab dem 1.4.1996 unfallbedingte Kosten (Fahrtkosten, Rentenanwartschaften, Sozial- und Krankenversicherung etc.). Für den Fall der wesentlichen Verschlimmerung bleibt künftiger immaterieller Schaden vorbehalten, so z.B. unfallbedingter Hüft-/Hüftkopfoperation."

Die Korrespondenz über die Schadensregulierung zwischen der Bekl. und dem anwaltlichen Vertreter der Kl. endete 1999. Mit anwaltlichem Schreiben v. 5.2.2004 kündigte der damalige Klägervertreter unter Hinweis auf den Vorbehalt die Geltendmachung weiterer Schadensersatzansprüche gegen die Bekl. an. Die Bekl. beruft sich nunmehr auf Verjährung.

Die Parteien streiten über die Berechtigung der von der Bekl. erhobenen Verjährungseinrede. Die Kl. geht davon aus, dass die Bekl. nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen, insb. nach dem im Schreiben v. 7.2.1996 erklärten Anerkenntnis, sich nicht mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen könne.

Sie hat mit der vorliegenden Klage die Feststellung begehrt, dass die Bekl. verpflichtet ist, der Kl. den in der Vereinbarung v. 30.10.1996 vorbehaltenen materiellen Verdienstausfallschaden, den vorbehaltenen unfallbedingten materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, und dass die hiervon erfassten Ansprüche nicht verjährt sind.

Die Bekl. ist der Klage entgegengetreten und hat Klageabweisung beantragt. Sie hat sich auf Verjährung etwaiger Ansprüche berufen.

Das LG hat die Klage mit allen Feststellungsanträgen insgesamt abgewiesen und hierzu im Einzelnen ausgeführt, dass etwaige Schadensersatzansprüche verjährt seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des dabei vom LG zugrunde gelegten Sachverhalts, des erstinstanzlichen streitigen Vorbringens der Parteien und der Begründung dieser Entscheidung wird auf das Urteil des LG Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Kl. mit der Berufung. Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt sie im Wesentlichen vor:

Das LG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die in der Abfindungsvereinbarung vom 30.10.1996 vorbehaltenen Ansprüche verjährt seien. Entgegen der Annahme des LG sei mit den in der Abfindungsvereinbarung enthaltenen Vorbehalten einer anderenfalls zu erwartenden Klage auf Feststellung entgegengewirkt worden. Ohne die entsprechenden Vorbehalte hätte die Kl. die Abfindungsvereinbarung nicht unterschrieben gehabt und in dem Fall, dass die Bekl. sich geweigert hätte, entsprechende Erklärungen hinsichtlich der Haftung für Zukunftsschäden abzugeben, wäre sofort (Feststellungs-)Klage erhoben worden. Es könne nach der Interessenlage nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Abfindungsvereinbarung v. 30.10.1996 die im Schreiben der Bekl. v. 7.2.1996 enthaltene Anerkenntniserk...

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