" … Der Rechtsstreit vor dem LG S betrifft nach § 2a ARB 94 die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Kl. aus dem Verkehrsunfall vom 20.5.2004."

§ 4 (1) a ARB 94 knüpft den Anspruch auf Rechtsschutz im Schadensersatz-Rechtsschutz an die erste Ursache des Schadens an. Maßgebend sind die Ereignisse, die der Schadensersatzpflichtige, gegen den der VN Ansprüche erhebt, zurechenbar gesetzt hat und die den Eintritt irgendeines Schadens, den der VN von diesem ersetzt bekommen will, nach der Lebenserfahrung hinreichend wahrscheinlich machen. Für den Eintritt des Versicherungsfalls ist danach auf den Tatsachenvortrag abzustellen, mit dem der VN seinen Schadensersatzanspruch begründet. Frühester Zeitpunkt ist das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten ihm gegenüber, auf das er sein Ersatzverlangen stützt (BGH VersR 2014, 742). Das war vorliegend der Verkehrsunfall vom 20.5.2004.

Im Schadensersatz-Rechtsschutz ist nur die Geltendmachung durch den VN gedeckt, nicht die Abwehr von Schadensersatzansprüchen. Das ist Aufgabe der Haftpflichtversicherung. Geltendmachung setzt allerdings lediglich voraus, dass sich der VN in der Rolle des Anspruchstellers befindet, er muss dabei aber nicht der aktive Teil sein. So können auch im Wege der Aufrechnung oder der Widerklage Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Ein Geltendmachen von Schadensersatzansprüchen liegt auch dann vor, wenn der VN auf Rückzahlung überzahlter Vorschüsse aus Bereicherungsgrundsätzen in Anspruch genommen wird und sich dagegen mit der Behauptung von Schadensersatzansprüchen verteidigt. Auch dann geht es um die Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche (Stahl, in: Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Aufl., § 2 ARB 2000 Rn 34). In einem solchen Fall sind lediglich die Parteirollen vertauscht. Der Geschädigte muss nicht mehr seinen Schadensersatzanspruch beweisen, sondern der Schädiger das Fehlen eines Schadensersatzanspruches als fehlenden Rechtsgrund seiner Leistung. Aus dem maßgeblichen Tatsachenvortrag des Geschädigten folgt als Rechtsschutzfall seine Schädigung durch den Gegner und sein Verlangen auf Schadensersatz.

Genau dieser Fall ist dadurch eingetreten, dass die H den von ihr als Schadensersatz geleisteten Betrag i.H.v. 360.000 EUR zurückverlangt. In diesem Prozess vor dem LG S geht es um die Frage, ob dem Kl. aus dem Verkehrsunfall vom 20.5.2004 ein entsprechender Schadensersatzbetrag zusteht oder nicht. Die H versucht die Rechtskraft des Urteils des OLG (…) zu durchbrechen. Die Geltendmachung eines Bereicherungsanspruchs mit der Argumentation, dem Geschädigten stehe aufgrund des Nichteintritts einer Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs die geleistete Zahlung endgültig nicht zu, er habe diese Zahlung also ohne Rechtsgrund erlangt, weil kein Schadensersatzanspruch bestehe, betrifft genauso die endgültige Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen des Kl. wie ein sonstiger Streit über die Rückzahlung anderer Vorschüsse im Rahmen von Entschädigungsleistungen.

Auf die Frage, ob das OLG (…) lediglich einen Vorschuss zugesprochen hat, oder über diesen Betrag endgültig entschieden hat, kommt es für die Frage der Eintrittspflicht der Bekl. nicht an. Selbst wenn die Entscheidung nicht i.S.e. Vorschusszahlung, sondern als endgültig zu betrachten wäre, ist es nicht ersichtlich, dass die Rückforderung mit einem neuen, das aktuelle Geschehen prägenden Rechtsverstoß des Kl. begründet wird. In dem Rechtsstreit vor dem LG S, für den der Kl. von der Bekl. Deckungsschutz verlangt, geht es nicht um einen angeblichen Rechtsverstoß des Kl., sondern alleine um die Frage, ob dem Kl. aus dem Verkehrsunfall ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 360.000 EUR auch dann zusteht, wenn er entgegen seiner ursprünglichen Absicht nicht sein vorhandenes Wohnhaus behindertengerecht umbaut, sondern einen behindertengerechten Neubau errichtet. Es geht also letztlich um die Frage, ob der Kl. auch einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 360.000 EUR aus dem Verkehrsunfall vom 20.5.2004 trotz veränderter Umstände hat.

Für die Annahme eines Rechtsverstoßes des Kl. ist bereits deshalb kein Raum, weil im Rahmen der Geltendmachung von deliktischen Schadensersatzansprüchen bzw. Ansprüchen aus Gefährdungshaftung kein Anknüpfungspunkt für einen Rechtsverstoß, der als neuer Rechtsschutzfall angesehen werden könnte, darin gesehen werden kann, dass ein Gläubiger möglicherweise eine Leistung erhalten hat, die ihm aufgrund des gesetzlichen Schuldverhältnisses nicht zusteht. Vielmehr geht es bei dem Streit um die Höhe des vom Schädiger endgültig zu leistenden Ersatzes immer noch um den Schadensersatz-Rechtsschutz-Fall, dessen Ursache der Inanspruchnahme der Bekl., der ursprüngliche Verkehrsunfall im Jahr 2004, innerhalb der versicherten Zeit lag.

Nichts anderes würde im Übrigen auch für jeden weiteren Streit des Kl. mit der H wegen sonstiger Schadensersatzpositionen aufgrund des früheren Verkehrsunfalls gelten. Bereits diese Überlegung zeigt, dass dies nicht anders sein ...

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