" … Das AG hat die Bekl. zu Recht zur Zahlung von 3.439,86 EUR nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass die Bekl. sämtliche weiteren aus dem Fehlbefüllungsvorgang vom 20.11.2014 entstehenden Schäden zu tragen hat. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung führen nicht zu einer anderen Beurteilung."

Die Einstandspflicht der Bekl. folgt aus Ziff. 3 der AHB i.V.m. § 1 VVG. Versichert sind hiernach “die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des VN aus allen seinen sich aus der Betriebsbeschreibung ergebenden Risiken.' Hierbei besteht ausweislich der auf diesen Absatz folgenden Aufzählung Versicherungsschutz für “Schäden aus dem Betrieb des Unternehmens'.

Zwischen den Parteien ist es unstreitig, dass der Betrieb der W u.a. den Transport von Kraftstoffen und die entsprechende Befüllung der vorgesehen Lagervorrichtungen der Kunden umfasst. Bei der Betankung des für den gelieferten Kraftstoff nicht vorgesehenen Tanks handelt es sich um einen Schaden, der dem betrieblichen Bereich der W zuzuordnen ist, da er einen Kern ihrer Tätigkeit – die Anlieferung von Kraftstoffen – umfasst.

Der Versicherungsschutz ist nicht nach den Versicherungsbedingungen ausgeschlossen. Die Ziff. 10.1 AHB ist auf das streitgegenständliche Schadensereignis nicht anwendbar. (…)

Die Klausel 10.1 AHB nimmt vom Versicherungsschutz die Haftpflicht für Schäden aus, die “durch den Gebrauch eines Kfz' entstehen. Es muss sich also eine Gefahr verwirklicht haben, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen und die diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist (vgl. BGH VersR 2007, 388). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Gefahr von der Art des Fahrzeuggebrauchs oder aber von dem Gebrauch des Fahrzeugs selbst ausgeht. Entscheidend ist aus der Sicht des verständigen VN vielmehr, dass der Anwendungsbereich der Klausel nur dann eröffnet sein soll, wenn sich ein Gebrauchsrisiko gerade des Kfz verwirklicht und zu einem Schaden geführt hat.

Für den durchschnittlichen VN ist durchaus ersichtlich, dass es sich bei dem “Gebrauch' eines Kfz um ein Risiko handelt, welches typischerweise von der Kfz-Haftpflichtversicherung umfasst ist. Es ist für ihn also ersichtlich, dass mit dieser Klausel gerade der Versicherungsschutz ausgenommen werden soll, der von der Kfz-Versicherung für den typischen Kfz-Gebrauch gewährt wird. Entscheidend ist, ob der Schadensfall mit dem für ein Kfz typischen Gefahrenbereich in einem haftpflichtrechtlich relevanten Zusammenhang steht (Knappmann, in: Prölss/Martin VVG, AKB 2008, § A.1.1 Rn 7 m.w.N.). Vorliegend hat sich nicht das typische Risiko des Betreibens des Fahrzeugs im Zusammenhang mit dem T-Straße realisiert, sondern das Risiko der fehlerhaften Einfüllung des Kraftstoffs in einen hierfür nicht geeigneten Tank. Dieses Risiko ist kein typisches Risiko des Betreibens des Tankwagens, sondern ein typisches Risiko der betrieblichen Tätigkeit der W. Das realisierte Risiko wohnt nicht dem Fahrzeug an sich, sondern der fehlerhaften Tätigkeit der W inne.

Hierfür spricht ebenfalls, dass der Füllvorgang gerade nicht durch eine zu dem Wagen gehörende Pumpenanlage betrieben wurde, sondern der Treibstoff aufgrund der Schwerkraft in den Kraftstofftank gelangt ist. Es hat sich also auch nicht die Gefahr eines von dem Fahrzeug betriebenen Gerätes verwirklicht.

Das Urteil des OLG München (r+s 2016, 298) ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die Grundsituation nicht vergleichbar ist. In dem vom OLG München entschiedenen Fall stritten nicht zwei VR des anliefernden Unternehmens miteinander, sondern die Kfz-Haftpflichtversicherung des Transportunternehmens und die Berufshaftpflichtversicherung des Tankstellenbetreibers. Der Fall betraf die Einstandspflicht für einen beim Endkunden, also dem Kunden der Tankstelle, eingetretenen Schaden.

Auch das Urteil des OLG Nürnberg (VersR 1982, 1092) steht dem nicht entgegen. Das OLG hat sich in dieser Entscheidung mit einem ähnlich gelagerten Fall befasst, bei dem jedoch der Pumpvorgang durch eine von dem Tankwagen betriebene Pumpe vorgenommen wurde. Wird der Pumpvorgang durch den Wagen angetrieben, so kann dies als “Gebrauch' des Kfz gewertet werden. Der vorliegende Fall ist jedoch anders gelagert, da der Transport des Kraftstoffs in den Bodentank nur durch die Schwerkraft durchgeführt wird, das Fahrzeug also nicht aktiv daran beteiligt ist. … “

zfs 5/2018, S. 278 - 279

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