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Im Jahr 2016 berichteten die Autoren an dieser Stelle bereits über die Ergebnisse ihres Forschungsprojekts.[2] Mit dem im Jahr 2017 fortgeschriebenen Projekt sollte eine rechtliche Neubewertung der verschiedenen Elektrofahrräder auf der Basis der aktuellen Rechtslage insbesondere im Lichte der zwischenzeitlich in Kraft getretenen VO (EU) Nr. 168/2013[3] vorgenommen werden.

[2] Zfs 2016, 190.
[3] Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rats vom 15.1.2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen (ABl EU Nr. L 60, 52 vom 2.3.2013).

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Daneben wurden die Verkehrssicherheit von Elektrofahrrädern und die Auswirkungen des steigenden Anteils an Fahrrädern und Elektrofahrrädern im Besonderen auf die Verkehrsraumgestaltung untersucht. Hier konnte auf zwischenzeitlich veröffentlichte aktuelle Forschungsergebnisse zurückgegriffen werden.

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Schließlich wurden statistische Daten zu den Verkaufszahlen und dem Anteil am Verkehrsaufkommen erhoben. Das gelang aufgrund der Auswertung statistischer Daten (Sekundäranalyse) des Kraftfahrt-Bundesamts und des Statistischen Bundesamts sowie des Zweirad-Industrie-Verbands.

A. Größenordnung

Der Fahrradbestand (einschließlich E-Bike und Pedelec) in bundesdeutschen Haushalten stagniert seit mehreren Jahren auf einem sehr hohen Niveau von über 73 Millionen (Stand 2017). Der Anteil von Elektrofahrrädern am Gesamtfahrradmarkt ist in den letzten Jahren auf 17 % gestiegen. Der Zweirad-Industrie-Verband teilt dazu ergänzend mit, dass der Marktanteil der Pedelecs dabei mit 99 % weit überwiegt.[4]

[4] ZIV, Pressemitteilung vom 7.3.2017 für das Geschäftsjahr 2016.

B. Verkehrsrechtliche Einordnung von Elektrofahrrädern

Die verkehrsrechtliche Klassifizierung der Elektrofahrräder stößt aufgrund der existierenden Formenvielfalt zunehmend auf Schwierigkeiten. Sie hängt ganz wesentlich von der hier einschlägigen jeweiligen Fahrzeugkategorie im Sinne der gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien und Verordnungen ab. Hier besteht bereits auf der gemeinschaftsrechtlichen Ebene eine enge Verzahnung zwischen dem Zulassungs- und Fahrerlaubnisrecht; außerdem eine Abhängigkeit zwischen den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen und den entsprechenden nationalrechtlichen Bestimmungen. Erschwerend kommt hinzu, dass die hier einschlägigen nationalrechtlichen Bestimmungen zur Klassifizierung der Elektrofahrräder als Leichtmofa, Mofa und Fahrrad mit Hilfsmotor durch die Richtlinie 2002/24/EG abgelöst wurden; die Richtlinie ihrerseits wurde in der Folge durch die VO (EU) Nr. 168/2013 ersetzt.

Die Fahrzeuge selbst überdauern jedoch die nach dem jeweiligen Stand der Technik einschlägigen Vorschriften. Deshalb wird man im Sinne der Besitzstandswahrung wohl noch einige Zeit auch mit den alten Regelungen umzugehen haben. Das aber auch in den aktuellen gemeinschaftsrechtlichen wie nationalrechtlichen Vorschriften weder die Bezeichnung Pedelec noch S-Pedelec oder E-Bike verwendet wird, trägt auch nicht zum besseren Verständnis bei. Die Bezeichnungen selbst werden im ständigen Sprachgebrauch[5] oftmals synonym verwandt.[6] Dabei scheint der Begriff "E-Bike" als Oberbegriff für alle Arten von Zweirädern mit Elektroantrieb zu stehen.[7] Mit Wirkung vom 14.12.2016 hat der Verordnungsgeber allerdings in § 39 Abs. 7 StVO eine Definition des Begriffs "E-Bike" eingestellt.[8] Dabei handelt es sich um Kleinkrafträder, deren Antrieb sich bei 25 km/h abschaltet.

[5] Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, Rn 22 zu § 1 StVG; Karneth/Koehl, Fahrerlaubnis- und Zulassungsrecht, Rn 5c zu § 4 FeV.
[6] Ziegenhardt NJW-spezial 2016, 585.
[7] Grett/Neupert/Köstle, E-Bikes und Pedelecs, 2. Aufl. 2013, S. 42; Barzel, Das E-Bike, 3. Aufl. 2014, S. 44.
[8] 1. ÄndVO-StVO vom 30.11.2016 (BGBl I, S. 2848); krit.: Huppertz VD 2016, 329.

I. Definition: Fahrrad

Nach Art. 1 lit. l) des Wiener Übereinkommens (WÜ)[9] ist ein Fahrrad jedes Fahrzeug mit wenigstens zwei Rädern, das ausschließlich durch Muskelkraft auf ihm befindlicher Personen, insbesondere mit Hilfe von Pedalen oder Handkurbeln, angetrieben wird.[10]

Da die Bundesrepublik Deutschland das WÜ ratifiziert hat,[11] ist es als höherrangiges Recht verbindlich. Der Verordnungsgeber hat diese Definition in § 63a StVZO[12] jedoch nicht wörtlich übernommen. Danach sind Fahrräder (…) Fahrzeuge, die ausschließlich[13] durch die Muskelkraft auf ihm befindlicher Personen mit Hilfe von Pedalen oder Handkurbeln angetrieben werden.

Dem BVerwG[14] kommt es allein auf den ausschließlichen Antrieb durch Muskelkraft an. Bauart bedingte Besonderheiten oder die Anzahl der Räder und/oder der Sitze ändern daran nichts.

[9] Vom 8.11.1968 [BGBl II (1977), S. 811].
[10] So auch OLG Oldenburg NZV 1999, 390.
[11] Art. 1 Abs. 2 Ratifikationsgesetz vom 21.9.1977 zu dem Wiener Übereinkommen [BGBl II (1977), S. 809].
[12] Eingefügt durch die 52. ÄndVO vom 18.5.2017 (BGBl I 1282).
[13] Bachmeier/Müller/Rebler (Hrsg.), Verkehrsrecht, 3. Aufl. 2017, Rn 1 zu § 64a StVZO; Braun/Damm/Konitzer, StVZO (Loesbl.), Rn 1 zu § 63 StVZO; BVerwG NZV 2001, 493.

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