Ein Blick auf das Display hier (Wer hat denn gerade geschrieben?), ein Smiley“ dort, #PutzigesTiervideo. Wer in vorbeifahrende Autos blickt, wird oft feststellen, wie oft und selbstverständlich Verkehrsteilnehmer das Mobilfunkgerät in der Hand halten und nutzen. Oft sind es auch nur kurze Sekunden, um z.B. im Strom der sozialen Medien mitzuschwimmen. Eins ist klar und unbestritten: Smartphones am Steuer sind Hauptunfallursache geworden und haben Geschwindigkeitsüberschreitung und Alkohol am Steuer diesbezüglich abgelöst.

Hierauf hat der Gesetzgeber bereits im Jahr 2000 reagiert und mit § 23 Abs. 1a StVO a.F. verboten, Mobiltelefone im Straßenverkehr unter bestimmten Bedingungen zu nutzen. Dieses Handy-Verbot führte in der Folgezeit zu auslegungsbedürftigen Lücken – auch im Hinblick auf die Zunahme der vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten dieser "Smartphones". Ist das Anschließen des Handys an den Zigarettenanzünder noch "benutzen"? Ist eine sog. Smart-Watch noch Mobiltelefon i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO?

Im vergangenen Herbst hat der Gesetzgeber noch vor der Bundestagswahl reagiert und eine Novellierung des § 23 Abs. 1a StVO vorgenommen: Diese neue Regelung ist am 19.10.2017 in Kraft getreten. Dass hier der Gesetzgeber ohne Rücksicht auf Verluste und mit allen Mitteln versucht hat, das große Praxisproblem zu lösen, ergibt sich aus der reinen Lektur des Gesetzestextes, der den juristischen Laien überfordert und bildlich vor den deutschen "Schilderwald" stellt, der den Juristen teilweise erschreckt, teilweise amüsiert.

Die neue Gesetzesfassung muss man (wahrscheinlich mehrmals) richtig lesen und dann auf sich wirken lassen.

Um es kurz zu machen: Verboten ist eigentlich alles und erfasst werden soll auch alles. Auch sämtliche Elektronikgeräte, Navigationsgeräte, bis hin zur Benutzung der Funkfernbedingung zur Öffnung eines motorisierten Garten-/Garagentors. Es sei denn, das Gerät wird weder aufgenommen noch gehalten und "zur Bedienung und Nutzung des Gerätes ist nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich".

Wann sind denn Straßen-, Sicht- und Wetterverhältnisse günstig, damit eine Blickabwendung erfolgen kann? Und wie kurz ist lange genug? Dass hier ausreichend Raum besteht, um weiter den Gerichten Arbeit zu verschaffen, dürfte klar sein. Aber auch die Fahrzeughersteller haben diese Lücke erkannt und konzentrieren sich gerade auch bei der serienmäßigen Ausstattung von Neufahrzeugen auf eine Nutzung sämtlicher "intelligenter Funktionen" der Smartphones über das "Entertainmentsystem" des Fahrzeugs. So lassen sich über das System "Car-Play" sogar Nachrichten schreiben, senden und vorlesen, Musik vom Smartphone abspielen, Applikationen über das Fahrzeug oder über Lenkradtasten und den fahrzeugimmanenten "Touchscreen" steuern.

Angesichts dieser technischen Entwicklung ist die Diskussion über Sicherheitsaspekte im Fahrzeug und entsprechende gesetzliche Vorgaben müßig, solange Unfallursache Nummer 1 das unkonzentrierte Verhalten des Fahrers ist und die mangelnde Konzentration durch die Technik verstärkt wird. Die Unfallursache Nummer 1 durch die Reform in den Griff zu bekommen, dürfte in Anbetracht des technischen und gesellschaftlichen Wandels wohl eher ein untauglicher Versuch sein.

Autor: Claudio La Malfa

RA Claudio La Malfa, FA für Verkehrsrecht, Emmendingen

zfs 5/2018, S. 241

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