" … Dem Kl. steht kein Anspruch nach § 1 S. 1 VVG aus dem streitgegenständlichen Vollkasko-Versicherungsvertrag zu, da ein Versicherungsfall nicht eingetreten ist."

I. Nach A.2.3.2 AKB gilt:

“Versichert sind Unfälle des Fahrzeugs. Als Unfall gilt ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis. Nicht als Unfallschäden gelten insb. Schäden aufgrund eines Brems- oder Betriebsvorgangs oder reine Bruchschäden. Dazu zählen z.B. Schäden am Fahrzeug durch rutschende Ladung oder durch Abnutzung, Verwindungsschäden, Schäden aufgrund Bedienungsfehler oder Überbeanspruchung des Fahrzeugs.'

Grds. ist auch die Einwirkung auf das Fahrzeug durch eine überfahrene Bodenwelle ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis (vgl. für Spurrillen BGH zfs 2013, 213). Die Definition des Unfallbegriffs wird jedoch in den nachfolgenden Sätzen 2 und 3 der A.2.3.2 AKB im Hinblick auf (insb.) Betriebsvorgänge einschränkend konkretisiert (BGH zfs 2013, 384, 2003, 503).

Ein Schaden bei einem Betriebsvorgang i.S.d. A.2.3.2 AKB, also ein sog. Betriebsschaden, ist nach Rspr. des BGH zu früheren Fassungen der AKB ein solcher, der durch normale Abnutzung, durch Material- oder Bedienungsfehler an dem Fahrzeug oder seinen Teilen entsteht, ferner Schäden, die zwar auf einer Einwirkung mechanischer Gewalt beruhen, aber zum normalen Betrieb des Kfz gehören (BGH … ). Ob ein Ereignis, das die wesentlichen Merkmale eines Unfalls aufweist, als Betriebsschaden oder als Unfallschaden anzusehen ist, hängt entscheidend von der Verwendung des Fahrzeugs ab. Wird ein Fahrzeug nach seiner Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetrieb bestimmten Risiken ausgesetzt, so handelt es sich bei den daraus entstehenden Fahrzeugschäden im Zweifel um Betriebsschäden (BGH NJW 1969, 96 … ). Betriebsschäden sind also solche, die im Zusammenhang mit dem normalen Betrieb des Fahrzeugs stehen (OLG Saarbrücken zfs 2011, 151). Ein Unfall ist in diesem Zusammenhang nur dann anzunehmen, wenn über die normalen, durch den Fahrbetrieb üblicherweise bedingten physikalischen Einwirkungen hinausgehende Kräfte auf das Fahrzeug ein- und einen Schaden bewirken (so für ein Aufspringen der Motorhaube OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 1329 … ). Ob es sich nach den Versicherungsbedingungen um einen versicherten Unfallschaden oder um einen nicht versicherten Betriebsschaden handelt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. …

II. Die Ausgrenzung von Betriebsvorgängen aus dem Versicherungsschutz unterliegt keinen rechtlichen Wirksamkeitsbedenken.

Der BGH hat in einer Vielzahl von Entscheidungen, die sich mit dieser Problematik befassen, durchgreifende Bedenken an der grundsätzlichen Ausgrenzung von Betriebsschäden nie geäußert. … Für den aus sich heraus erkennbar inhaltlich identischen Begriff des “Schadens aufgrund eines Betriebsvorgangs' … kann aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen VN … nichts anderes gelten.

Soweit vertreten wird, dass Schäden infolge eines Betriebsvorgangs, wenn sie als Unfall zu subsumieren sind, nur dann ausgeschlossen sind, soweit sie den in Satz 4 aufgeführten Beispielen zuzuordnen sind (LG Stuttgart NJW-RR 2012, 1500 … ), kann dem nicht gefolgt werden. Insb. die hierzu bemühte Argumentation, dass letztlich jeder Unfall sich als Folge eines “Betriebsvorgangs' (der jeweiligen Fahrt oder der konkreten Verrichtung) bezeichnen lässt und sich aufgrund eines solchen Vorgangs ereignet (LG Stuttgart a.a.O.), schätzt die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen VN zu gering ein. Dieser muss sich nach zutreffender höchstrichterlicher Rspr. nämlich um ein Verständnis der Versicherungsbedingungen bemühen. … Einem solchen VN wird aber klar sein, dass ein Verständnis des Begriffs des “Betriebsvorgangs', der jede Verwendung des versicherten Fahrzeugs meinte, als den Versicherungsschutz völlig sinnlos machend nicht gewollt sein kann.

Es muss sich nach dem Horizont des verständigen VN vielmehr in Abgrenzung zum Unfallbegriff – als etwas Außergewöhnlichem – beim Betriebsvorgang um etwas Gewöhnliches handeln. Dabei kann das Außergewöhnliche natürlich nicht im eingetretenen Schaden selbst gesehen werden – ein verwirklichter Schaden ist immer außergewöhnlich; maßgeblich ist verständig auf die unmittelbar zum Schadenseintritt führende Verwendung des Fahrzeugs abzustellen. … Ist diese derart, dass das Fahrzeug nach seiner Zweckbestimmung eine solche Verwendung normalerweise schadlos überstehen sollte (zu diesem Kriterium Stadler, in: Stiefel/Maier, AKB 18. Aufl. AKB A.2.3 Rn 35 unter Hinweis auf LG Stuttgart zfs 1993, 198), handelt es sich um einen nicht versicherten Betriebsvorgang.

In diesem, sich einem bemühten VN erschließenden Verständnis, ist AKB 2.3.2 weder überraschend noch intransparent. Dann bedarf es der beispielhaften Aufzählung in S. 3 und 4 AKB 2.3.2 nicht, um den Ausschluss eines “Betriebsvorgangs' i.S.d. Rspr. des LG Stuttgart (a.a.O.) überhaupt rechtswirksam zu ...

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