Kommentare und Handbücher mit Ausführungen zum Fahrzeugschaden gibt es eher zu viel als zu wenig. Brauchbare Einzeldarstellungen sind dagegen rar. Was bislang gefehlt hat, ist ein einbändiges Werk über den Fahrzeugschaden aus sämtlichen praxisrelevanten Blickwinkeln. Diese Lücke hat Jochen Pamer nun geschlossen, indem er seine Bücher "Der Kaskoschaden" und "Der Fahrzeugschaden" zusammengeführt hat.

Das Ergebnis sind rund 800 Seiten Praxis pur. Hauptzielgruppe sind Rechtsanwälte, die mit der Regulierung von Haftpflicht- und Kaskoschäden zu tun haben. Wer kennt deren Fragen und Probleme besser als ein erfahrener, mit allen Wassern gewaschener Berufskollege wie Jochen Pamer? In seiner Person kommen profunde Kenntnisse des Haftpflichtschadensrechts mit einem ebenso exzellenten Know-how in Kaskosachen zusammen, ein seltener Glücksfall für den Leser. Dies umso mehr, als der Autor auch im Kfz-Vertragsrecht ein ausgewiesener Experte ist, sei es Kauf und Leasing, sei es Werkstatt- und Sachverständigenrecht.

Gegliedert ist das Werk in zwei Hauptteile: der Fahrzeugschaden und der Kaskoschaden. Schon im ersten Hauptteil wird die Fahrzeugschadenabrechnung im Kaskoversicherungsfall abgehandelt. Grundlage sind die AKB der HUK Coburg, Stand 1.4.2016. Ergänzende Ausführungen zur fiktiven und konkreten Abrechnung des Fahrzeugschadens, auch im Totalschadensfall, finden sich in Hauptteil 2 ("Der Kaskoschaden"). Dort sind auch die aktuellen Musterbedingungen des GDV und die wichtigsten VVG-Vorschriften abgedruckt.

Im Zentrum des ersten Hauptteils ("Der Fahrzeugschaden") steht die Regulierung im Haftpflichtschadensfall. Hier stand der Autor in besonderer Weise vor dem Problem "wie sag ich's meinem Kind". Unterteile ich nach Reparatur- und Totalschaden mit Differenzierung nach fiktiver und konkreter Abrechnung, eine Unterscheidung, die selbst dem BGH nicht immer gelingt? Oder richte ich die Darstellung an den tatsächlichen bzw. beabsichtigten Reaktionen des Geschädigten bzw. Mandanten auf das Schadensereignis aus (will er sein Fahrzeug behalten, wenn ja wie lange, es veräußern, repariert oder unrepariert etc.)?

Der Autor hat sich für eine integrierende Darstellung entschieden. Und das ist gut so. Denn Übersichtlichkeit und Anschaulichkeit sind für den Leser mindestens so wichtig wie centgenaue Einzelergebnisse. Sich in der Schublade zu vergreifen – diese Gefahr ist beim Fahrzeugschaden bekanntlich extrem groß – kann tödlich sein.

Die schon realisierte oder nur geplante Reaktion des Geschädigten ist das eine. Das andere ist die Schadensstufe, auf der man sich im konkreten Fall befindet. Wie inzwischen üblich, unterscheidet auch Pamer zwischen vier Stufen (unter WBA, zwischen WBA und WBW, bis 130 Prozent über WBW und über 130 Prozent). Je nachdem, auf welcher Stufe der Fall festgemacht wird (zur richtigen Einordnung gibt der Autor wertvolle Hilfestellung), können die Reaktionen des Geschädigten zu ganz unterschiedlichen Entschädigungssummen führen. Das wird vom Autor in allen Einzelheiten sauber und akribisch aufgelistet und mit Rechtsprechung belegt.

Besonders begrüßen wird jeder anwaltliche Leser die Musterschriftsätze, die zu den meisten Fallgestaltungen mitgeliefert werden. Adressat ist nicht nur der gegnerische Haftpflichtversicherer. Auch der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige wird zur Stellungnahme bzw. Nachbesserung aufgefordert.

Fast jede Schadenkalkulation bzw. -abrechnung wird von Versicherungsseite via Prüfbericht kontrolliert, heißt es im Vorwort. Insbesondere bei der fiktiven Abrechnung hätten die Kürzungen deutlich zugenommen, teilweise lägen die Abzüge zwischen 20 und 30 Prozent des Kalkulationsbetrags. Unter diesen Umständen drängte es sich auf, sich mit dieser Thematik en detail zu befassen; dies auch mit Blick auf Rechnungskürzungen bei konkreter Abrechnung.

Wie nicht anders zu erwarten, geht der Autor ausführlich und kenntnisreich auf die Verweisproblematik ein (Stichwort Stundenverrechnungssätze). Auch zu den Verbringungskosten, den UPE-Aufschlägen und sonstigen Streitpunkten – wie etwa die Beilackierungskosten – wird der Leser auf den neuesten Stand gebracht.

Besonders hervorzuheben ist das Kapitel "Umsatzsteuerfragen" (§ 249 Abs. 2 S. 2 BGB). Hier kann der Autor aus dem Vollen schöpfen, hat er doch mit seinem Werk "Die Mehrwertsteuer beim Fahrzeugschaden" grundlegende Vorarbeit geleistet.

Im bereits angesprochenen Hauptteil 2 ("Der Kaskoschaden") geht es nicht nur um Abrechnungsfragen. Breiten Raum nimmt das Thema "Obliegenheitsverletzungen" ein, systematisiert nach Zeitpunkt und Art/Schwere des Verstoßes. Unter "Sonderprobleme" werden ab S. 685 praxisrelevante Themen wie die Glasschadenreparatur und die Entwendung von Navigationsgeräten dargestellt. Wer noch Probleme mit dem Quotenvorrecht gehabt hat, wird sie nach Lektüre des Pamer nicht mehr haben.

Fazit: Dank geballter Autorenkompetenz höchster Lesernutzen!

Autor: Dr. Christoph Eggert

VRiOLG a.D. Dr. Christoph Eggert, Leverkusen

zfs 5/2017, S. 257 - 258

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