StGB § 44 § 46 § 69a

Leitsatz

1. Die Anordnung eines Fahrverbots nach § 44 StGB allein mit der Begründung, die Anordnung einer (gleichzeitig angeordneten isolierten) Fahrerlaubnissperre habe hinsichtlich des Angekl. keine fühlbaren Auswirkungen, ist rechtsfehlerhaft. Sie verkennt den Charakter der isolierten Sperrfrist nach § 69a StGB als Maßregel der Besserung und Sicherung.

2. Der Tatrichter muss bei der Bemessung von Haupt- und Nebenstrafe (hier: Geldstrafe und Fahrverbot) auch das Wechselspiel dieser beiden Strafen erörtern. Haupt- und Nebenstrafe zusammen dürfen die Tatschuld nicht überschreiten.

OLG Hamm, Beschl. v. 31.1.2017 – 4 RVs 2/17

Sachverhalt

Das AG hat gegen den Angekl. wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr eine Geldstrafe sowie ein zweimonatiges Fahrverbot verhängt und eine einjährige Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet. Das OLG Hamm hat das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben, die Sache zurückverwiesen und die weitergehende Revision des Angekl. verworfen.

2 Aus den Gründen:

" … II. Die zulässige (Sprung-)Revision hat in der Sache teilweise Erfolg."

1. Die Begründung zur Anordnung des Fahrverbots als Nebenstrafe und die Begründung zur Anordnung der Maßregel der isolierten Sperrfrist halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Zur Begründung des Fahrverbots führt das AG aus:

Darüber hinaus war dem Angekl. als Nebenstrafe gem. § 44 StGB ein Fahrverbot aufzuerlegen, da die Tat mittels eines grds. fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs begangen wurde und die Anordnung einer Fahrerlaubnissperre hinsichtlich des Angekl. keine fühlbaren Auswirkungen hat. Soweit der Angekl. in der Hauptverhandlung darauf hingewiesen habe, dass er das Fahrzeug für Einkäufe und dergleichen benötige, folgt daraus insoweit nichts anderes, da der Angekl. entsprechende Einkäufe auch mittels eines Fahrrades bzw. mittels öffentlicher Verkehrsmittel sicherlich bewerkstelligen kann. Aus diesem Grund ist auch die Anordnung des Fahrverbots nicht unverhältnismäßig.'

Diese Begründung lässt besorgen, dass das AG den Zweck der isolierten Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach § 69a Abs. 1 S. 3 StGB verkannt und nur deswegen zusätzlich ein Fahrverbot verhängt hat. Die Formulierung, dass die Fahrerlaubnissperre für den Angekl. keine “fühlbaren Auswirkungen' habe, deutet darauf hin, dass der Tatrichter dieser Sanktion einen Strafcharakter beigemessen hat. Tatsächlich handelt es sich aber um eine Ergänzung zur nicht freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung der Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. § 61 Nr. 5 StGB). Maßregeln der Besserung und Sicherung dienen aber dem Schutz der Allgemeinheit vor dem Straftäter, also der Gefahrenabwehr, durch bessernde oder sichernde Maßnahmen, nicht – wie die Strafe (jedenfalls auch) – der Zufügung eines (Straf-)Übels (Stree/Kinzig in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., Vor § 71 ff., Rn 2 ff.; vgl. auch: BVerfG NJW 2012, 1784). Da die Verhängung einer Fahrerlaubnissperre damit nur gefahrenabwehrrechtlichen Charakter hat (es geht darum, die Allgemeinheit davor zu schützen, dass unzuverlässigen Kraftfahrern eine Fahrerlaubnis erteilt wird), kommt es nicht darauf an, ob diese Sanktion für den Angekl. spürbar ist oder nicht.

Da der Tatrichter bei der Bemessung von Haupt- und Nebenstrafe auch das Wechselspiel dieser beiden Strafen nicht erörtert hat, war der Strafausspruch insgesamt aufzuheben. Haupt- und Nebenstrafe zusammen dürfen die Tatschuld nicht überschreiten (vgl.: Fischer, StGB, 64. Aufl., § 44 Rn 17 m.w.N.).

b) Darüber hinaus enthält die Begründung zur Verhängung einer isolierten Sperrfrist einen durchgreifenden Erörterungsmangel. Das AG führt lediglich aus:

“Darüber hinaus hat sich der Angekl. allerdings durch die Trunkenheitsfahrt wiederum als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Gem. § 69a StGB war eine isolierte Sperrfrist zu erteilen, die das Gericht mit einem Jahr als notwendig und angemessen erachtet hat.'

§ 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB enthält eine Regelvermutung dafür, dass bei Begehung der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) Umstände in der Person des Angekl. wirksam geworden sind, welche die Schlussfolgerung auf Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen zulassen. Umstände, welche die Indizwirkung der vorgenannten Katalogtat widerlegen und daher zu einer Ausnahme von der Regelvermutung führen, sind positiv festzustellen. Die Entscheidung ist eingehend zu begründen. Es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalls an. An eine Widerlegung der Regelvermutung sind nochmals gesteigerte Anforderungen zu stellen, sofern es sich um einen Wiederholungstäter handelt, gegen den bereits früher Maßregeln nach §§ 69, 69a StGB verhängt worden sind (OLG Hamm, Urt. v. 10.11.2015 – III-5 RVs 125/15 -juris m.w.N.).

Zwar wurde der Angekl. bereits im Jahre 2011 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr bestraft und gegen ihn auch seinerzeit bereits ein Fahrverbot und eine Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet, s...

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