" … Der Kl. hat keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Anwaltskosten."

Soweit das angefochtene Urteil dem Kl. einen Teil seiner Forderung zuspricht, beruht dies auf der Anwendung einer nicht vereinbarten Klausel, wie zwischen den Parteien unstreitig ist. Darauf kann daher die Verurteilung der Bekl. nicht gestützt werden. Die Eintrittspflicht der Bekl. könnte daher nur bestehen, wenn ein Rechtsschutzfall vorläge. Das ist aber nicht der Fall.

Ein Rechtsschutzfall setzt voraus, dass ein Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen worden ist oder begangen worden sein soll, § 4 Abs. 1 c) NRV 2011.

In seinem Urt. v. 19.11.2008 (IV ZR 305/07) hat der BGH entschieden, dass die Frage, ob das Angebot eines Aufhebungsvertrags, verbunden mit der Androhung einer betriebsbedingten Kündigung, nach dem üblichen Begriff des einen Rechtsschutzfall darstellenden Verstoßes zu beurteilen ist, so dass es darauf ankommt, dass das Vorbringen des VN einen objektiven Tatsachenkern enthält, mit dem er den Vorwurf eines Rechtsverstoßes verbindet und worauf er dann seine Interessenverfolgung stützt. Erläuternd hat der BGH ausgeführt, dass es für den erhobenen Vorwurf entscheidend ist, dass eine behauptete Pflichtverletzung zur Grundlage der rechtlichen Streitigkeit wird, so dass eine der Parteien den – angeblichen – Verstoß zur Stützung ihrer Position heranzieht. Der BGH hat in dem ihm vorliegenden Fall einen Rechtsschutzfall angenommen, da der Kl. den Vorwurf erhob, der Arbeitgeber verletze mit der beabsichtigten, sozial nicht gerechtfertigten Kündigung ohne Bereitschaft zur Auskunft über die Sozialauswahl seine Fürsorgepflicht, und darauf seine Interessenverfolgung stützte. Die der Ausgangsentscheidung des LG H zugrunde liegende Auffassung, in der Androhung einer Kündigung liege bereits ein den Rechtsschutzfall auslösender Verstoß, hat der BGH daher nur unter Berücksichtigung eines weiteren, von dem LG angenommenen Verstoßes und nur als im Ergebnis richtig beurteilt. Außerdem hat der BGH in der Entscheidung v. 2.6.2010 (IV ZR 241/09) die Einleitung des Zustimmungsverfahrens nach §§ 85 ff. SGB I zwar als eine Kündigungsandrohung des Arbeitsgebers gegen seinen schwerbehinderten Arbeitnehmer angesehen, aber noch nicht als Verstoß beurteilt, was sich daraus ergibt, dass in der Entscheidung ausgeführt ist, ein verstoßabhängiger Rechtsschutzfall sei nicht dargelegt. Somit liegt nach der Rspr. des BGH nicht bereits in einem mit einer Kündigungsandrohung verbundenen Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags ein Rechtsschutzfall, sondern nur, wenn der VN bei der Verfolgung seiner Interessen zur Stützung seiner Position den – angeblichen – Verstoß, dass also die beabsichtigte Kündigung rechtswidrig wäre, heranzieht und darauf seine Interessenverfolgung stützt.

Nach diesen Maßstäben liegt hier kein Rechtsschutzfall vor, weil der Kl. bei den Verhandlungen über den Aufhebungsvertrag zur Stützung seiner Position nicht herangezogen hat, dass die von der A beabsichtigte betriebsbedingte Kündigung rechtswidrig gewesen wäre. Der Kl. hat anwaltliche Hilfe zur Aushandlung eines Aufhebungsvertrags in Anspruch genommen, ohne auch nur anzudeuten, dass er bei seiner Interessenverfolgung zur Durchsetzung seiner Verhandlungsziele sich auch darauf berufe, dass die angedrohte Kündigung möglicherweise rechtswidrig sei. Der Kl. hat vielmehr in dem Schreiben seines Rechtsanwalts v. 20.6.2012, mit dem gegenüber der Bekl. um Deckung nachgesucht wird, bedauernd darauf hingewiesen, dass laut Sozialplan die Sozialauswahl in Ordnung sei und der Arbeitsplatz wohl wegfalle, so dass deshalb ein Aufhebungsvertrag zu verhandeln sei. In dem Schreiben v. 30.11.2012 an die Bekl. hat der Kl. lediglich berichtigt, dass es zur Sozialauswahl keine Namensliste i.S.v. § 1 Abs. 5 KSchG gebe; dass die Sozialauswahl bei einer Kündigung gegenüber dem Kl. aber fehlerhaft und eine etwaige Kündigung rechtswidrig wäre, wird weiterhin weder behauptet noch wird verdeutlicht, dass der beabsichtigten Interessenwahrnehmung der Vorwurf eines Pflichtverstoßes zugrunde liegt, dass also in den beabsichtigten Verhandlungen die Rechtswidrigkeit der angedrohten Kündigung zur Stützung der Verhandlungsposition herangezogen werden solle. Unter diesen Umständen genügt es nicht, wenn der Kl. nachträglich im Rechtsstreit äußert, es erkläre sich von selbst oder sei offenkundig, dass er die mit dem angebotenen Aufhebungsvertrag verbundene Kündigungsandrohung als unberechtigt angesehen habe oder in der Deckungsklage Angaben über sein Alter, sein bisheriges Einkommen und die Anzahl seiner unterhaltsbedürftigen Kinder vorträgt. Denn bei der Interessenverfolgung hat er den Vorwurf, die Kündigung sei sozialwidrig, nicht erhoben. Das ist entgegen der Behauptung des Kl. auch nicht im Schriftsatz v. 28.1.2013 vorgetragen, denn dort wird lediglich abstrakt die Rspr. des BGH wiedergegeben, ohne darzulegen, dass der Kl. die mögliche Kündigung als unberechtigt angesehen und diesen Vorwurf z...

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