" … Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kl. hat keinen Deckungsanspruch aus der bei der Bekl. bestehenden Haftpflichtversicherung, weil er die haftungsbegründenden Verletzungen des Zeugen S vorsätzlich und widerrechtlich herbeigeführt hat und deshalb der gesetzliche Risikoausschluss nach § 103 VVG eingreift.

1. Die Widerrechtlichkeit hat das LG mit der zutreffenden Begründung bejaht, dass der Kl. ein grobes Foulspiel i.S.d. Spielregeln des Deutschen Fußballbunds (DFB) begangen hat. Er ist unstreitig mit langem Anlauf und hohem Tempo auf den Zeugen S zugelaufen und mit zumindest einem gestreckten Bein voraus seitlich von hinten in ihn hineingesprungen. Damit hat er nicht nur gegen die Regel 12 des DFB verstoßen. Sein Verhalten, das – dieser Regel entsprechend – mit einem Feldverweis geahndet wurde, liegt auch nicht mehr im Grenzbereich zwischen der im Fußball noch gerechtfertigten Härte und der auch bei sportlichen Kampfspielen unzulässigen Unfairness (vgl. OLG Düsseldorf OLGR 1997, 268, 269; OLG Hamm VersR 1999, 1115; NJW-RR 2005, 1477; OLG Frankfurt RuS 1993, 15 f.; OLG München NJOZ 2009, 2268 f.; OLG Stuttgart NJW-RR 2000, 1043 f.; a.A. im Einzelfall OLG Hamburg VersR 2002, 500). Es ist deshalb sorgfaltswidrig (vgl. BGH NJW 1976, 957, 958; 2010, 537, 538) und die dadurch verursachten Verletzungen sind weder durch Einwilligung des Zeugen S noch unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr oder des sozialadäquaten Verhaltens gerechtfertigt (vgl. BGH NJW 1975, 109 f.).

2. Den Vorsatz des Kl. hat das LG aufgrund mehrerer Indizien festgestellt. Diese Feststellung ist für den Senat bindend, weil – auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens und der beigezogenen Strafakten – keine Anhaltspunkte für Zweifel an deren Vollständigkeit und Richtigkeit bestehen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die abweichende Beweiswürdigung der Berufung genügt dafür nicht. Das LG hat den Kl. informatorisch angehört, alle von den Parteien benannten Zeugen vernommen und deren Aussagen überzeugend und nachvollziehbar gewürdigt. Danach sind nicht nur die Indiztatsachen bindend festgestellt, in ihrer Summe rechtfertigen die besonderen Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls auch den Schluss, dass der Kl. die Verletzungen des Zeugen S und deren Umfang zumindest als möglich vorausgesehen und billigend in Kauf genommen hat.

Der äußere Hergang des Foulspiels ist im Wesentlichen unstreitig. Entgegen der Auffassung des LG lässt er allerdings noch nicht auf einen bedingten Körperverletzungsvorsatz schließen. Das LG betont zwar zu Recht, dass er den im Regelwerk des DFB beschriebenen Tatbestands eines “groben Fouls’ erfüllt, weil der Kl. von hinten mit einem Bein in seinen Gegenspieler, den Zeugen S, hineingesprungen ist und dessen Gesundheit durch übertriebene Härte gefährdet hat. Ihm ist auch darin zuzustimmen, dass der angreifende Spieler bei einem derart gefährlichen Einsteigen stets mit einer ernsthaften Verletzung des Gegners rechnen muss und nicht darauf vertrauen darf, dass alles gut gehen werde. Für sich genommen rechtfertigt dieser gravierende Regelverstoß jedoch nur den Vorwurf der – einfachen oder groben – Fahrlässigkeit (vgl. OLG Düsseldorf, OLG Hamm, OLG Frankfurt, OLG München und OLG Stuttgart – jeweils a.a.O.) und auch die evidente Gefahr erheblicher Verletzungen lässt nicht auf den für § 103 VVG erforderlichen Verletzungs-, sondern allenfalls auf einen rechtlich unerheblichen Gefährdungsvorsatz schließen. Denn zum einen geht es nicht um einen gezielten Schlag oder eine ähnliche Tätlichkeit, die sich schon nach ihrem äußeren Bild auf eine Körperverletzung richtet (zu einem solchen Fall OLG Hamm VersR 1985, 1072), sondern um eine “Grätsche’, die im Fußball üblich und durchaus auch erlaubt ist, solange sie dem Ball und nicht dem Gegner gilt (vgl. nur OLG Stuttgart a.a.O.). Zum anderen muss auch bei der Prüfung des Vorsatzes berücksichtigt werden, dass Fußball ein ebenso schnelles wie kampfbetontes Spiel ist, dessen Hektik und Eigenart den Spieler oft zwingt, im Bruchteil einer Sekunde Chancen abzuwägen und Risiken einzugehen (vgl. BGH NJW 1976, 957, 958).

Diese Erwägungen schließen die Annahme eines zumindest bedingten Verletzungsvorsatzes aber auch nicht aus. In dem hier zu beurteilenden Sonderfall kommt dem äußeren Hergang des Foulspiels sogar eine erhebliche Indizwirkung zu. Denn zum einen hebt das LG mit Recht hervor, dass der Kl. vor dem Foulspiel unstreitig mit hohem Tempo aus etwa 20 bis 30 Metern Entfernung auf den Zeugen S zurannte, obwohl die Spielsituation nicht unmittelbar bedrohlich war. Ob er als Stürmer oder als Mittelfeldspieler aufgestellt war, ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend. Maßgebend ist vielmehr, dass er sich relativ frühzeitig zu dem Angriff entschloss und dafür seine Position im Mittelkreis aufgab, ohne dass dafür ein besonderer Anlass bestand. Zum anderen befand sich der Zeuge S unstreitig zwischen dem Ball und dem Kl., so dass dessen Angriff sicher nicht dem Ball galt. ...

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