" … 2. Die Bekl. ist nach § 8a VAG i.V.m. § 126 Abs. 2 S. 1 VVG passiv legitimiert.

3. Der Feststellungsantrag zu 1) ist begründet.

a) Nachdem die Bekl. mit dem Schreiben v. 22.9.2011 unstreitig eine Deckungszusage “dem Grunde nach’ erteilt und damit eine vollumfängliche Einstandspflicht anerkannt hat, kann die Bekl. hinsichtlich des Anspruchsgrunds mit Einwendungen nicht mehr gehört werden. Ohnehin ist das pauschale Bestreiten des die Einstandspflicht dem Grunde nach begründenden Ereignisses durch Nichtwissen unzureichend, nachdem der Kl. – worauf er in vorliegendem Rechtsstreit Bezug nimmt – bereits außergerichtlich der Bekl. umfangreich Informationen und Unterlagen zukommen ließ und die Bekl. auf deren Grundlage dem Grunde nach Deckung zugesagt hat.

b) Nichts anderes gilt für die Anknüpfungstatsachen für die Bemessung der voraussichtlichen Höhe der geltend gemachten Arzthaftungsansprüche und das daraus abgeleitete Behaupten von Regressansprüchen i.H.v. mindestens 35.000 EUR. Die Bekl. hat die Verletzungsfolgen bei der Ehefrau des Kl. einschließlich der behaupteten Notwendigkeit einer zweiten Operation nicht bestritten. Aufgrund des dezidierten außergerichtlichen Vortrags gegenüber der Bekl. – den der Kl. in vorliegendem Rechtsstreit in Bezug nimmt – unter Bereitstellung der Behandlungsunterlagen, aus denen sich hinreichend deutlich ergibt, “warum und weshalb er einen Anspruch in der betreffenden Höhe geltend gemacht wird’, genügt es nicht, wenn die Bekl. pauschal “offene Fragen’ und “sehr einschränkende Ausführungen’ einwendet, nach denen noch nicht klar sei, “welche Ansprüche auf welcher Sachverhaltsgrundlage tatsächlich geltend gemacht werden können’. Der von dem Kl. vorgetragene Sachverhalt genügt jedenfalls i.V.m. den zur Verfügung gestellten Unterlagen, konkrete Einwendungen vorzubringen, woran es dem Vortrag der Bekl. fehlt. Der Hinweis auf nicht benannte “Vergleichsurteile’ genügt nicht, um die Tatsachengrundlage der geltend gemachten Anspruchshöhe und das Bestehen von Ansprüchen in dieser Höhe wirksam zu bestreiten. Jedenfalls aber bewegt sich der genannte Streitwert – abgeleitet aus der geltend gemachten Anspruchshöhe – innerhalb des Bereichs des Angemessenen.

c) Rechtsansichten oder Urteile zur Frage der Angemessenheit der geltend gemachten Anspruchshöhe musste der Kl. nicht bezeichnen, so dass auch aus diesem Gesichtspunkt heraus keine Berechtigung der Verweigerung einer Deckungszusage in der geltend gemachten Höhe folgt.

4. Der Feststellungsantrag zu 2) ist begründet. Nach § 17 Abs. 3 ARB ist der VN lediglich verpflichtet, über “Umstände’ zu informieren. Das Wort “Umstände’ wird in der Rechtssprache im Allgemeinen synonym für “Tatsachen’ verwendet. Von diesem Begriffsverständnis gehen auch die ARB aus, wie sich an § 11 ARB zeigt. Es sind auch keine Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Begriff in § 17 Abs. 3 ARB anders als in § 11 ARB und entgegen der allgemeinen Rechtssprache auszulegen sei.

5. Auch der Antrag zu 3) ist begründet. Dies folgt ebenfalls aus dem Wortlaut von § 17 Abs. 3 ARB, der den VN lediglich dazu verpflichtet, Beweismittel “anzugeben’ und Unterlagen “zur Verfügung zu stellen’. Hieraus folgt, dass sich die Obliegenheit des VN auf “Vorhandenes’ beschränkt. Der VN ist damit nicht verpflichtet, praktisch vorab schon mit seiner Deckungsanfrage ein Gutachten durch den MdK – das ein zusätzliches Beweismittel wäre – einzuholen. Der VN ist auch nicht verpflichtet, ein Schlichtungsverfahren vor der Ärztekammer durchzuführen, um die ausreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung geltend zu machen, wie es aber die Bekl. meint. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im Arzthaftungsprozess an die Substantiierungspflicht zur Rechtsverfolgung nur maßvolle und verständige Anforderungen gestellt werden, ist weder eine Begutachtung durch den MdK noch ein Anrufen der Schlichtungsstelle Voraussetzung der Darlegung einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung. Das Unterlassen dieser Maßnahmen macht die Rechtsverfolgung auch nicht mutwillig (vgl. etwa OLG Hamm v. 10.8.2001 – 3 W 18/01, juris Rn 4 ff.).

6. Schließlich ist auch der Antrag zu 4) begründet. Der Kl. hat den Antrag in der mündlichen Verhandlung v. 10.2.2012 auf “fachmedizinische Kenntnisse’ eingeschränkt und konkretisiert. Jedenfalls zur Mitteilung solcher Tatsachen, deren Erarbeitung “fachmedizinische’ Kenntnisse voraussetzt, ist der VN nicht gehalten. Wie bereits vorstehend angesprochen, bemisst sich die Informationsobliegenheit des VN nach den Anforderungen an seine Darlegungs- und Substantiierungslast in dem zu führenden Arzthaftungsprozess. Danach ist der Geschädigte nicht gehalten, sich fachmedizinische Kenntnisse anzueignen oder sich schon zur Substantiierung seines Klagevorbringens medizinischer Hilfe zu bedienen (vgl. OLG Celle v. 18.1.2007 – 8 U 198/06, juris Rn 29 ff. m.w.N.). Nichts anderes kann im Rahmen der Deckungsanfrage gelten.“

Mitgeteilt von RA Christoph Kremer, FA für Medizinrecht u...

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