Der sehr sorgfältig und überzeugend begründeten und zudem auch anwaltsfreundlichen Entscheidung des V. ZS des BGH ist zuzustimmen.

Erforderlichkeit eines neuen Auftrags

Der V. ZS des BGH hat – wenn auch im Konjunktiv (ein neuer Auftrag "dürfte unmaßgeblich sein") – das vom VII. ZS des BGH (RVGreport 2006, 219 [Hansens]) zu § 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO und vom XII. ZS des BGH (RVGreport 2011, 17 [ders.]) aufgestellte Erfordernis, dem Anwalt müsse ein neuer Auftrag erteilt worden sein, zu Recht abgelehnt. Dieses Erfordernis ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht. Außerdem führt die Auffassung, der bisherige Anwaltsauftrag dauere fort, zu vielfältigen Problemen (s. Hansens RVGreport 2011, 17, 18). Um eine wegen dieser Divergenz sonst erforderliche Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen ist der V. ZS "herumgekommen", weil diese Frage nicht entscheidungserheblich war. Denn der V. ZS des BGH ist durch die entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 5 S. 2 RVG zum gewünschten Ergebnis gekommen.

Auswirkungen auf künftige Gerichtsentscheidungen

In letzter Zeit haben das OLG Brandenburg (RVGreport 2017, 54 [Hansens]) und das Sächsische OVG (RVGreport 2018, 139 [ders.]) die entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 5 S. 2 RVG deshalb abgelehnt, weil der Gesetzgeber gerade durch eine Gesetzesänderung weitere Sachverhalte in den neu eingefügten § 15 Abs. 5 S. 3 RVG einbezogen habe. Der V. ZS des BGH hat hier mit schöner Klarheit festgestellt, dass dies eine weitere analoge Anwendung von § 15 Abs. 5 S. 2 RVG nicht ausschließe. Von diesem Grundsatz ausgehend sollten die Gerichte künftig mutiger sein, weitere vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Sachverhalte unter § 15 Abs. 5 S. 2 RVG einzuordnen. Es ist nämlich mit dem der Regelung in § 15 Abs. 5 S. 2 RVG zugrundeliegenden Gedanken nicht zu vereinbaren, wenn sich der Rechtsanwalt noch nach jahrelangem Stillstand des Verfahrens neu in die längst vergessene Sache einarbeiten müsste, ohne hierfür eine weitere Vergütung zu erhalten. Der BGH hat hier einen Weg aufgezeigt, wie die Arbeit des Rechtsanwalts in solchen Fällen angemessen vergütet wird, indem seine weitere Tätigkeit nach mehr als zwei Kalenderjahren als neue gebührenrechtliche Angelegenheit angesehen wird.

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens

zfs 4/2018, S. 227 - 230

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