"Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 62 OWiG ist teilweise begründet."

Dem Verteidiger ist die vollständige Messdatei samt Token und Passwort sowie die gesamte Messreihe entsprechend § 46 OWiG i.V.m. § 147 StPO zur Verfügung zu stellen. Andernfalls würde das Recht auf rechtliches Gehör verletzt werden. Denn bei der vorliegenden Messung handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren, sodass der Betroffene zur Verteidigung konkrete Einwendungen gegen die Messung vorzubringen hat. Hierzu ist er nur in der Lage, soweit eine Auswertung der Messung (ggf. durch einen von ihm beauftragten Sachverständigen) erfolgen kann, die das Vorliegen der gesamten Messreihe voraussetzt.

Datenschutzrechtliche Gründe sprechen nicht gegen die Aushändigung der gesamten Messreihe sowie der Messdatei an den Verteidiger. Denn bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen überwiegt das Interesse des Betroffenen, das Recht auf rechtliches Gehör ausüben zu können. Dies ist nur gewährleistet, soweit das Akteneinsichtsrecht auch auf diese genannten Beweismittel, die nicht unmittelbarer Aktenbestandteil sind, erstreckt wird. Darüber hinaus dürften der Verwaltungsbehörde technische Mittel zur Anonymisierung der Daten auf der Messdatei zur Verfügung stehen. Weiter ist hier zu berücksichtigen, dass nicht dem Betroffenen, sondern dem Verteidiger im Rahmen des Akteneinsichtsrechts die Daten zur Verfügung gestellt werden, der als Person der Rechtspflege dem Datenschutz verpflichtet ist.

Weiter sind als Aktenbestandteile dem Verteidiger der Beschilderungsplan zur Verfügung zu stellen. Zudem hat der Verteidiger ein Recht auf Mitteilung, wer an dem Datentransport sowie der Auswertung beteiligt war, insb. ob hierbei bzw. an der Messung private Dritte mitgewirkt haben, da sich etwa aus der Beteiligung privater Dritter ein Beweisverwertungsverbot ergeben könnte.

Das Akteneinsichtsrecht erstreckt sich weiter auf den Beschilderungsplan sowie das verwendete Auswerteprogramm.

Die Schulungsbescheinigung des Messbeamten ist bereits Akteninhalt (Bl. 9 d.A.), so dass insoweit der Antrag unbegründet ist.

Weiter ist der Antrag unbegründet, soweit der Verteidiger um Mitteilung bittet, welche Messbediensteten beim Regierungspräsidium Kassel beschäftigt sind und in welchem Beschäftigungsverhältnis diese stehen. Denn diese Angaben sind für das Verfahren nicht erkennbar von Relevanz. Gleiches gilt hinsichtlich der Anfrage, ob Veränderungen an den Eichsiegeln vorgenommen worden sind und ob Instandsetzersiegel sowie Instandsetzerprotokolle vorliegen oder ob Reparaturmaßnahmen oder andere Eingriffe nach der letzten Eichung sowie nachträgliche Eichungen vorgenommen worden sind. Insoweit fehlt es bereits an der Relevanz dieser Unterlagen für eine mögliche Gerichtsverhandlung.

Soweit der Verteidiger darüber hinaus die unterbliebene Übersendung der Gebrauchsanweisung rügt, ist dem Gesuch durch die Möglichkeit der Einsichtnahme bzw. eines Downloads hinreichend Rechnung getragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 62 Abs. 2 OWiG i.V.m. § 467 StPO.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§§ 25a Abs. 3 S. 3 StVG, § 62 Abs. 2 S. 3 OWiG).“

Mitgeteilt von RA Winand Koch, Stadtallendorf

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