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Die Neuauslegung des § 13 Nr. 2d FeV durch den VGH Mannheim in Hinblick auf die Anordnung einer medizinisch- psychologischen Begutachtung nach Trunkenheitsfahrten löste eine intensive Diskussion aus. Es bleibt festzustellen, dass die Gerichte die Normen der Fahrerlaubnis-Verordnung im Regelfall nicht aus wissenschaftlicher, sondern überwiegend aus formalrechtlicher Sicht bewerten.

A. Die Entwicklung in der Rechtsprechung

I. Neuauslegung des § 13 Nr. 2d FeV

Grundlage für den diesjährigen Arbeitskreis II des Verkehrsgerichtstags mit dem Thema "MPU unter 1,6 Promille?" ist die seit 2012 erfolgte Entwicklung in der Rechtsprechung, die durch den Beschluss des VGH Mannheim vom 18.6.2012[2] ausgelöst wurde. In diesem Beschluss wurde erstmals ein Bezug von § 13 S. 1 Nr. 2d zu Nr. 2a FeV hergestellt.

Im Leitsatz der Entscheidung heißt es unter 2.:

" … die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d FeV setzt im Sinne einer Tatbestandswirkung nur eine vorherige Entziehung der Fahrerlaubnis aus einem der Sachgründe der Buchstaben A bis C voraus. Bei Anknüpfung an A genügt insoweit die Feststellung, dass die frühere (verwaltungsbehördliche oder strafgerichtliche) Entziehung wegen Alkoholmissbrauchs erfolgt ist; einer (gegebenenfalls erneuten) Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Gutachtensanordnung nach Nr. 2a bedarf es nicht … "

Durch den zeitlich hierauf folgenden Beschluss des BVerwG vom 24.6.2013[3] sah der VGH Mannheim aufgrund des dortigen Leitsatzes seine Auslegung zu § 13 FeV als gefestigt an:

" … Entziehung der Fahrerlaubnis im Sinne von § 13 S. 1 Nr. 2d FeV ist – wie in § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV – auch die strafgerichtliche Entziehung nach § 69 StGB. … "

Ausgangspunkt für diese Entscheidung war die Tatsache, dass die Fahrerlaubnis-Verordnung unterschiedliche Formulierungen gewählt hat.

Während im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV schon seit jeher die Formulierung eindeutig war,

"Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist für die Zwecke nach Abs. 1 anzuordnen, wenn"

1. die Fahrerlaubnis aus einem der in Abs. 1 genannten Gründe durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen war, … “,

ist dies bei § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d der FeV nicht der Fall:

"Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass …"

2. ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn …

d) die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe entzogen war … “

Die Vorschriften des § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c FeV beinhalten Regelbeispiele für die Fälle, in denen die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen hat. Diese lauten wie folgt:

"Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass …"

2. ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn

a) nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen,

b) wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden,

c) ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/Liter oder mehr geführt wurde … “

In seinem Beschluss vom 24.6.2013[4] stellte das BVerwG jedoch nur klar, dass die strafgerichtliche Entziehung von § 13 S. 1 Nr. 2d FeV erfasst wird.

In der Folge kam der VGH Mannheim mit Beschluss vom 19.8.2013,[5] nunmehr unter Verweis auf den Beschluss des BVerwG vom 24.6.2013, erneut zu dem Ergebnis, dass eine medizinisch-psychologische Begutachtung im Falle der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt bereits bei 1,1 Promille anzuordnen ist. Im Rahmen seines Beschlusses vom 15.1.2014[6] bestätigte der VGH Mannheim seine Entscheidung vom 19.8.2013 und stellte gleichzeitig fest, dass nunmehr gefestigte Rechtsprechung zu seiner Auslegung vorliege. Die Hoffnung von Mahlberg,[7] dass es sich dabei um ein vorübergehendes Missverständnis handeln müsse, bestätigte sich leider in der Folge nicht.

Dies nahm seinerseits das VG Würzburg in seinem Beschluss vom 21.7.2014[8] zum Anlass, in einem obiter dictum festzustellen, dass die Anordnung der medizinisch-psychologischen Begutachtung nach strafgerichtlicher Entziehung bereits ab 1,1 Promille einen Wertungswiderspruch zu den gesetzlichen Regelbeispielen in § 13 S. 1 Nr. 2a bis c FeV darstellen würde.

In seinem Urteil vom 7.7.2015 hält der VGH Mannheim[9] zwar daran fest, dass

" … die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Fahrt unter Alkoholeinfluss gemäß § 69 StGB im Sinne einer Tatbestandswirkung ohne weiteres die Notwendigkeit der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung auslöst; die Vorschr...

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