StVG § 25 Abs. 1 S. 1 Alt. 2; StPO § 267 Abs. 3; BKatV § 4 Abs. 2 S. 2

Leitsatz

Auf eine argumentativ nachvollziehbare tatrichterliche Begründung eines bußgeldrechtlichen Fahrverbots kann regelmäßig dann nicht verzichtet werden, wenn die Fahrverbotsanordnung auf einen beharrlichen Pflichtenverstoß außerhalb eines Regelfalls i.S.v. § 25 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV gestützt wird.

OLG Bamberg, Beschl. v. 29.1.2015 – 3 Ss OWi 86/15

Sachverhalt

Das AG hat den Betr., einen Berufskraftfahrer, wegen fahrlässiger Nichteinhaltung des für Lkw einzuhaltenden Mindestabstands von 50 m (Tatzeit: 27.3.2014) zu einer Geldbuße von 160 EUR verurteilt und gegen den Betr. entsprechend dem Bußgeldbescheid ein mit der Anordnung nach § 25 Abs. 2a StVG verbundenes Fahrverbot für die Dauer eines Monats verhängt. Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten und wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Rechtsbeschwerde rügt der Betr. die Verletzung materiellen Rechts. Das OLG Bamberg hat das Urteil des AG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

2 Aus den Gründen:

" … II. Die statthafte (§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde erweist sich als erfolgreich, weil die bisherigen Zumessungserwägungen des AG den Rechtsfolgenausspruch, insb. das gegen den Betr. verhängte Fahrverbot, nicht tragen."

1. Allerdings begegnet hier schon die vom AG zur Einleitung seiner eigentlichen Rechtsfolgenbemessung unter Ziffer IV. seiner Urteilsgründe vorangestellte Formulierung Bedenken, wonach “bei der Bemessung der Geldbuße … vom Rahmen des § 24 Abs. 2 StVG, nach dem eine Geldbuße bis zu 2.000 EUR festgesetzt werden kann‘ auszugehen sei, ohne zu erwähnen, dass das gesetzlich zulässige Höchstmaß der Geldbuße für die hier allein in Betracht kommende fahrlässige Verwirklichung des Bußgeldtatbestands nicht 2.000 EUR sondern nach § 24 Abs. 2 StVG i.V.m. § 17 Abs. 2 OWiG nur 1.000 EUR beträgt.

2. Wenn auch in Bußgeldsachen an die Abfassung der Urteilsgründe keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen sind und gerade im Hinblick auf eine Fahrverbotsanordnung für eine der strafprozessualen Einzelfallprüfung entsprechende Prüfungs- und Darstellungsdichte (§ 267 Abs. 3 StPO) regelmäßig nur begrenzt Raum sein wird (BGHSt 38, 106/110; BayObLG DAR 2004, 230, 231; OLG Bamberg zfs 2013, 290), kann auf eine wenigstens in ihren Grundzügen nachvollziehbare, mit stichhaltigen Argumenten unterlegte Begründung für die Rechtfertigung eines verhängten bußgeldrechtlichen Fahrverbots gerade dann nicht verzichtet werden, wenn Vorahndungen des Betr. – wie hier – nicht nur bußgelderhöhend verwertet worden sind, sondern die Fahrverbotsanordnung allein auf einen beharrlichen Pflichtenverstoß gem. §§ 24, 25 Abs. 1 S. 1 2. Alt. StVG außerhalb eines Regelfalls i.S.v. § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV gestützt werden kann. In einem solchen Fall genügt es deshalb regelmäßig nicht, die der Urteilsbildung zugrunde gelegten Vorahndungen des Betr. nach Tatzeit, Rechtskrafteintritt und konkreter Tatahndung (vgl. hierzu z.B. OLG Bamberg VerkMitt. 2007, Nr. 57) jeweils nur festzustellen.

3. Zwar hat das AG – wenn auch nur durch Verweis (“siehe Anlage‘) auf den Urteilsgründen unkommentiert nachgeheftete Kopien eines im Urteilszeitpunkt am 26.11.2014 überdies veralteten, nämlich bereits Ende Mai 2014 offenbar noch von der Bußgeldstelle angeforderten und noch als Positiv-Auskunft aus dem “Verkehrszentralregister‘ (statt “Fahreignungsregister – FAER‘) bezeichneten Registerauszugs Mindestfeststellungen zur Vorahndungssituation des Betr. getroffen. Jedoch fehlt es an einer argumentativ nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit der maßgeblichen Frage, warum das AG hier die Anordnung eines Fahrverbots gegen den Betr. konkret für “zwingend erforderlich‘ gehalten hat. Eine im Ergebnis möglicherweise berechtigte tatrichterliche Annahme eines beharrlichen Pflichtenverstoßes außerhalb eines Regelfalls i.S.v. § 25 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV folgt insb. nicht aus den für die hier interessierende Frage jeweils keinen brauchbaren Aussagegehalt aufweisenden Feststellungen, wonach der Betr. “im Zeitraum von ca. 4 Jahren 8 Eintragungen gesammelt‘ hat, “welche aus verschiedenen Bereichen der Verkehrsordnungswidrigkeiten stammen‘ bzw. “nunmehr innerhalb von 4 Jahren zum 9ten mal auffällig wird‘, zumal konstatiert wird, dass sich unter diesen “zahlreichen Eintragungen … noch keine Eintragung wegen eines Abstandsverstoßes‘ befindet.

4. Dem Senat ist aufgrund dieser Zumessungserwägungen eine – selbst eingeschränkte – Überprüfung der Rechtsfolgenentscheidung schon im Ansatz verwehrt. Insb. bleibt ungeklärt, auf welche konkrete Erwägungen das AG seine tatrichterliche Wertung stützt, dass von einem beharrlichen Pflichtverstoß des Betr. auszugehen sei (vgl. zu den Anforderungen für die Wertung eines Pflichtenverstoßes als “beharrlich‘ eingehend OLG Bamberg zfs 2007, 707; ferner u.a. OLG Bamberg DAR 2010, 98; DAR 2011, 399; DAR 2012, 152; zfs 2013, 350, und zuletzt OLG Bamberg zfs 2014...

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