31 km/h zu schnell innerhalb geschlossener Ortschaft, 3 Punkte die zwei Jahre eingetragen bleiben. Vor der Punktreform. Diese werden zum 1.5.2014 umgerechnet in 1 Punkt, der seine restliche Tilgungsfrist auch im neuen System absitzen muss. Wird er nach der Reform, ab 1.5. bewertet, sind es 2 Punkte die eingetragen werden und fünf Jahre stehen bleiben.

Aber wovon hängt es während des Übergangs ab, ob ich 3 Punkte umgerechnet zu 1 für zwei Jahre oder aber 2 Punkte für fünf Jahre für ein und dieselbe Tat erhalte? Vom Tattag? Von der Rechtskraft?

Nein: überraschenderweise vom Eintragungszeitpunkt. Damit wird das immer wieder im Streit stehende Tattags- und Rechtskraftsprinzip um das Eintragungsprinzip ergänzt. Verfassungsrechtlich mutet es zumindest fragwürdig an. Gleiches soll gleich, ungleiches ungleich behandelt werden. Aber macht es mich ungleicher, dass der Beamte der meine Eintragung betreut, noch fünf Tage Resturlaub aus dem letzten Jahr nehmen muss und daher eine Eintragung erst am 2.5. möglich ist, während für meinen Verstoß-Zwilling ein Mitarbeiter ohne Resturlaub die Eintragung Ende April veranlasst?

Auch die Umrechnung der alten in neue Punkte scheint Bedenken zu rechtfertigen. Ist es richtig, dass derjenige, der sich in den letzten Monaten drei Handyverstöße mit 3 Punkten erarbeitete, genau wie derjenige der es nur zu einem Handyverstoß mit 1 Punkt gebracht hat, im neuen System nach der Umrechnung mit nur 1 Punkt dasteht?

•1–3 Punkte werden in 1 Punkt, •4–5 in 2, •6–7 in 3, •8–10 in 4, •11–13 in 5, •14–15 in 6, •16–17 in 7 und schlussendlich •18 Punkte in 8 umgerechnet.

Da bleiben einige Verstöße unverdient auf der Strecke. So mag es zumindest der vergleichsweise schlechter Behandelte empfinden, der mit weniger Verstößen nach der Umrechnung mit der gleichen Punktzahl dasteht.

Werden demgegenüber zwei Verstöße des dreifach Telefonierers erst nach dem 1.5. eingetragen, ist er mit 3 Punkten statt mit 1 für dieselbe Verstoßlage vorgemerkt. Es ist mithin nur abhängig von dem wenig zu beeinflussenden Eintragungszeitpunkt, ob er mit 3 Punkten oder 1 vorbelastet ist.

Für uns Anwälte verstecken sich hier einige Beratungsfallen.

Gut, wenn wir wissen, dass eine straßenverkehrsrechtliche Nötigung ohne Führerscheinmaßnahme im neuen System nicht punktebelastet eingetragen wird, im alten jedoch noch mit 5 Punkten zu Buche schlägt. Nun mag man wissen und einwenden, dass diese 5 Punkte, die möglicherweise gerade noch vor dem 1.5. eingetragen wurden, zum Stichtag wieder gelöscht werden, die Gleichbehandlung also spätestens bei Übergang ins neue System wieder hergestellt ist.

Aber auch hier sind wieder einige ungleicher: Die Fahranfänger. Erhält nämlich ein Fahrerlaubnis-auf-Probe-Inhaber vor dem 1.5. noch einen Nötigungseintrag von 5 Punkten, trifft ihn das nach bestehender Rechtslage mit voller Härte, ohne dass eine Heilung nach dem 1.5. in Sicht wäre. Er muss an einem Aufbauseminar teilnehmen und seine Probezeit verlängert sich um zwei Jahre.

Hat sein Anwalt ihn auf diese Konsequenz oder vielmehr auf ein mögliches Entfallen dieser Konsequenz bei Eintragung nach dem 1.5. nicht hingewiesen und entsprechende Maßnahmen zur Verzögerung ergriffen, wird das Mandatsverhältnis sicher eine Trübung erfahren.

Ebenfalls nicht ungetrübt wird das Verhältnis zum Mandanten sein, wenn es der Anwalt versäumt, bei einem 14-Punkte-Inhaber auf eine zügige Eintragung eines innerörtlichen Geschwindigkeitsverstoßes von 31 km/h zu drängen. Zwar wird er dann nicht alle Register ziehen können, um das Fahrverbot abzuwenden, allerdings würden die 17 Punkte des Mandanten einer Umrechnung in 7 unterliegen. Würden demgegenüber seine 14 Punkte zum 1.5. erstmal in 6 umgerechnet und kämen dann die nach dem neuen System zu verhängenden 2 Punkte hinzu, wäre unwiderlegbar zu vermuten, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Die Fahrerlaubnis wäre zu entziehen. Es ist noch mal zu betonen: Die endgültige Ungeeignetheit bei 8 statt 7 Punkte ergibt sich hier einzig aus dem Zeitpunkt der Eintragung.

Es ist wohl nicht ausgeschlossen, dass sich die Gerichte noch einige Jahre mit rückwirkenden Fragen der Umrechnung und deren Verfassungsmäßigkeit auseinandersetzen müssen.

Autor: Dr. Daniela Mielchen

RAin Dr. Daniela Mielchen, FAin für Verkehrsrecht, Hamburg

zfs 4/2014, S. 181

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