BGB § 134; RDG § 2 § 3

Leitsatz

Bei der Abtretung von Rechten aus einer Kapitallebensversicherung an ein Unternehmen, das sich geschäftsmäßig mit der Kündigung und Rückabwicklung solcher Versicherungsverträge befasst, ist für die Abgrenzung einer nach § 2 Abs. 2 und § 3 RDG unter Erlaubnisvorbehalt stehenden Inkassodienstleistung zum (erlaubnisfreien) echten Forderungskauf entscheidend, ob eine einzuziehende Forderung endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt.

BGH, Urt. v. 11.12.2013 – IV ZR 46/13

Sachverhalt

Die Kl., eine AG mit Sitz in der Schweiz, macht aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag gegenüber dem beklagten VR geltend.

Der VN S, der bei der Bekl. eine fondsgebundene Lebensversicherung unterhielt, unterzeichnete am 7.3.2011 einen "Geld zurück!-Auftrag", der den Verkauf seiner Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Kl. zum Gegenstand hatte.

Der Versicherungsvertrag sollte laut Auftrag sofort durch die Kl. gekündigt, später der Rückkaufswert abzüglich einer Kündigungsgebühr von 87,50 EUR an den VN überwiesen werden. Weiter wurde vereinbart, dass der VN 50 % aller künftigen Erstattungen von der Kl. erhalten solle und er sich dafür "einmalig mit 300 EUR" an den Kosten der Kl. beteilige. In den im "Geld zurück!-Auftrag" in Bezug genommenen AGB ist u.a. Folgendes geregelt:

In § 3 AGB heißt es unter der Überschrift "Kaufpreis, Kaufpreisfälligkeit":

"1) Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand nach § 1 (noch laufender Vertrag) richtet sich nach dem von der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf- und Abtretungsvereinbarung übermittelten und zur Auszahlung kommenden Netto-Auszahlungsbetrags nach Abzug von Steuern, Abgaben und Gebühren. Über diesen Betrag holt die Käuferin bzw. der beauftragte Rechtsanwalt eine Bestätigung der Gesellschaft ein. Der Kaufpreis erhöht sich noch um den jeweils vereinbarten Anteil an den zusätzlich zu erreichenden künftigen Erstattungen gem. Nr. 2."

2) Der Kaufpreis für Ansprüche aus bereits gekündigten und ausgezahlten Verträgen beträgt je nach Vereinbarung 25-75 % der noch zu erreichenden Erstattungen. Die Kaufpreiszahlung ist aufschiebend bedingt erst zahlbar, wenn durch die Tätigkeit der Käuferin weitere Erstattungen von der Gesellschaft eingefordert werden konnten. Die Vereinbarungen gem. Nr. 4 gelten sinngemäß.

3) …

4) Der Kaufpreis gem. Abs. 1 ist auf das Fremdgeldkonto einzuziehen und unter Abzug der vereinbarten Gebühren innerhalb von 10 Banktagen nach Eingang des Geldes an den Verkäufer auf das umseitig genannte Konto des Verkäufers oder auf ein anderes von ihm vorderseitig benanntes Konto eines Dritten zu überweisen. … “

2 Aus den Gründen:

[12] "… II. Die Revision ist unbegründet. Der Kl. stehen die geltend gemachten Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag nicht zu, weil deren Abtretung wegen Verstoßes gegen das RDG nichtig ist."

[13] 1. Zu Recht ist das BG von der Anwendbarkeit des RDG ausgegangen. Der Sitz der Kl. in der Schweiz steht dem nicht entgegen. Zur Frage des räumlichen Anwendungsbereiches des früheren Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) hat der BGH bereits klargestellt, dass der Sitz der Niederlassung des Rechtsbesorgers wegen der Umgehungsgefahr kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Frage der Anwendbarkeit war (WM 2007, 231 Rn 24 m.w.N.). Nicht qualifizierte Rechtsbesorger hätten sich andernfalls den Anforderungen des RBerG durch die bloße Verlegung ihrer Niederlassung in das Ausland entziehen können, um von dort aus rechtsberatende Tätigkeiten in Deutschland vorzunehmen und zwar nicht nur in grenznahen Gebieten, sondern auch unter Nutzung der modernen Kommunikationsmittel im gesamten Geltungsbereich des Gesetzes (a.a.O.). Entscheidend war – mangels Anhaltspunkten im Wortlaut des Gesetzes – der verfolgte Schutzzweck des RBerG. Dieser lag in dem Schutz des Rechtssuchenden vor fachlich ungeeigneten und unzuverlässigen Personen und dem Interesse der Allgemeinheit an der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege (a.a.O. Rn 22; BVerfG, NJW 2002, 1190 unter 1 m.w.N.).

[14] Diese Erwägungen gelten auch für den räumlichen Anwendungsbereich des RDG. … Trotz inhaltlich und strukturell grundlegender Neugestaltung des RDG gegenüber dem RBerG (vgl. BT-Drucks 16/3655, S. 1) ist die Zielrichtung beider Gesetze vergleichbar; auch das RDG dient dazu, die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (§ 1 Abs. 1 S. 2 RDG, dazu auch BT-Drucks 16/3655, S. 45). Dieser Schutzzweck ist hier betroffen, da der VN als Auftraggeber und die Bekl. als Adressatin der von der Kl. verfassten Schreiben im Inland ansässig sind.

[15] 2. Gegenstand des “Geld zurück!-Auftrags’ ist eine Rechtsdienstleistung i.S.v. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG. Hiernach ist die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, die als eigenständiges Geschäft betrieben wird, eine Rechtsdienstleistung und damit nach § 3 RDG erlaubnispfli...

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