Der Eintritt der Verjährung lässt einen Anspruch nicht erlöschen, sondern verschafft dem Schuldner die Möglichkeit zur Nutzung einer Einrede. Wird diese erhoben, bewirkt sie ein peremptorisches Leistungsverweigerungsrecht.[10] Der Anspruch selbst und damit auch die Verpflichtung des Schuldners zur Leistung bestehen aber dem Grund nach als Naturalverbindlichkeit[11] fort.[12] Im genannten Ausgangsfall bleibt der Geschädigte damit trotz seiner Einrede weiterhin einer Forderung des Vermieters ausgesetzt. Der Schaden basiert hier auf der unfallbedingten Substanzeinwirkung am Kraftfahrzeug und dem hieraus resultierenden Nutzungsausfall. Indem der Schadensersatzgläubiger die Verjährungseinrede gegen die Mietforderung erhebt, kann er die Höhe der durchsetzbar zu fordernden Ersatzkosten verringern. Der Schaden selbst bleibt unverändert;[13] die Verjährungseinrede reduziert hier aber mittelbar den Kompensationsaufwand des Schädigers. Dieser Umstand hat in Reaktion auf das genannte Urteil des LG Würzburg zu einer Debatte darüber geführt, ob hier überhaupt von einer Schadensminderung i.S.v. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB gesprochen werden kann.[14]

Obwohl der Wortlaut von § 254 Abs. 2 S. 1 BGB insoweit eindeutig erscheint, ist die begriffliche Unterscheidung zwischen der Verminderung eines Schadens und der Verringerung eines durchsetzbaren Ersatzanspruchs zumindest vorliegend nicht ausschlaggebend. Das Schadensrecht folgt dem Prinzip der Selbsttragung.[15] Danach ist der an seinem Rechtsgut Geschädigte grundsätzlich allein für die Restitution verantwortlich. Von dieser Regel ausgehend kodifizierte der Gesetzgeber für eine Vielzahl von Schädigungsszenarien besondere Anspruchsnormen, die eine Haftung des Verursachers vorsehen. Die Kompensationslast wird dann vom Inhaber des geschädigten Rechtsguts auf den nunmehr Verantwortlichen übergeleitet. Im Hinblick auf dieses System bildet § 254 BGB die notwendige Rückausnahme, die eine Ersatzpflicht des Schädigers insoweit reduziert oder sogar aufhebt, als das schadens(umfangs)verursachende Moment auf der Seite des Geschädigten zu finden ist. Teilweise wird hier von einer "Korrespondenz von Verantwortungsbereichen"[16] gesprochen. Ein anderer als der Geschädigte soll demnach nur dann die Kosten des Ersatzes tragen müssen, wenn er auch tatsächlich dafür verantwortlich ist. Zumindest unter Berücksichtigung dieser ratio ist es überzeugend, die Obliegenheit zur zumutbaren Begrenzung der Ersatzkosten ebenfalls unter § 254 Abs. 2 S. 1 BGB zu subsumieren.[17]

[10] Peters/Jacoby, in: Staudinger, Neub. 2014, § 194 BGB, Rn 23.
[11] Vgl. dazu Schulze, JuS 2011, 193 ff.
[12] Birr, Verjährung und Verwirkung, 2. Aufl., 2006, Rn 2; Protzen, NJW 1998, 1920 (1921).
[13] A.A. Protzen, NJW 1998, 1920 (1921). Nach diesem entsteht der Schaden bei Nichterhebung der Einrede.
[14] Ablehnend etwa Fuchs-Wissemann, VersR 1997, 427 (428). Für einen hinreichend weiten Wortlaut von § 254 Abs. 2 S. 1 BGB dagegen etwa Kraft/Giermann, VersR 2001, 1475 (1477).
[15] Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 1999, S. 122 f.
[16] Schiemann, in: Staudinger, Neub. 2005, § 254 BGB, Rn 4.
[17] Oetker, in: MüKo, 7. Aufl., 2016, § 254 BGB, Rn 77; entsprechende Anwendung: Fuchs-Wissemann, VersR 1997, 427 (428).

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