" … Die Berufung hat überwiegend Erfolg. Die Klage ist bis auf einen Teil der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten begründet."

1. Der Kl. hat gem. § 1 S. 1 VVG i.V.m. dem Versicherungsvertrag Anspruch auf Zahlung von 6.295,38 EUR.

Dies gilt auch, wenn man zugunsten des Bekl. dessen – vom LG als unstreitig angesehenen – Sachvortrag als richtig unterstellt.

a) Der Versicherungsfall des A.2.2.3 S. 1 Variante 4 (Überschwemmung) AKB ist eingetreten.

aa) Die Überschwemmung wird von dem Bekl. nicht in Abrede gestellt.

bb) Diese wirkte auch unmittelbar auf das Fahrzeug ein und beschädigte es.

Das Merkmal der Unmittelbarkeit setzt voraus, dass die Naturgewalt einzige oder letzte Ursache sein muss. …

So lag es hier. Die Überschwemmung des Fahrzeugs erfolgte ohne Mitwirkung einer anderen Ursache, etwa eines Fahrfehlers. Der Fahrer hatte verkehrsbedingt angehalten. Dann kam unausweichlich die Überschwemmung. Die Überschwemmung wirkte auch – ebenso – unmittelbar auf das Fahrzeug ein und beschädigte jedenfalls den Motor. Sie war die letzte Ursache. Denn bereits die Überschwemmung allein (ohne späteren Versuch, den Motor zu starten) machte eine Reparatur des Motors erforderlich.

Der Bekl. hat bereits in erster Instanz vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wiederholt, das Fahrzeug hätte in eine Werkstatt gebracht und der Motor dort vor einem ersten Start fachgerecht repariert, nämlich jedenfalls fachgerecht vollständig von Wasser und Feuchtigkeitsrückstanden befreit werden müssen. Vorstehendes gilt uneingeschränkt auch dann, wenn der Motor bei Einwirkung der Überschwemmung noch lief. Auch dann war die Überschwemmung die letzte Ursache.

b) Der Bekl. ist hiernach zur Leistung verpflichtet. Dies gilt (vorbehaltlich der Frage nach einer Obliegenheitsverletzung und einer Anwendung des § 82 VVG; dazu noch unten) auch, soweit der Umfang des Schadens durch ein Starten des Motors nach der Überschwemmung vergrößert wurde.

Denn in diesem Sinne ist die Regelung in A.2.2.3 S. 1 und S. 6 AKB auszulegen.

aa) Maßgeblich ist, wie ein durchschnittlicher VN die Regelung bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an. … Versicherungsbedingungen sind daher aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind. …

bb) Der BGH hat zu der früher üblichen, inhaltsgleichen Regelung in § 12 Nr. 1 Abs. I Buchst. c) S. 1 und S. 4 AKB sowie deren Sinn und Zweck ausgeführt (BGH VersR 2006, 966): Der Satz über den “Ausschluss‘ derjenigen Schäden, welche auf ein durch die Naturgewalt veranlasstes Fahrerverhalten zurückzuführen seien, sei eine Klarstellung des Merkmals “unmittelbar‘; er enthalte keinen echten Risikoausschluss; es gehe um die Abgrenzung zu dem allein in der Vollkaskoversicherung geschützten Risiko des Fahrerverhaltens. Ähnlich heißt es in der Literatur, dass Unmittelbarkeit nicht beseitigt werde durch einen für den Schaden mitursächlichen “normalen verkehrsgerechten Gebrauch‘ (Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, A.2.2 AKB Rn 40 mit Beispielen aus der Rspr.).

cc) Unabhängig davon, ob der VN diese Zusammenhänge so sehen wird, wird er jedenfalls die Regelung in diesem Sinne verstehen.

Er wird nicht annehmen, dass der Versicherungsschutz – auch nur teilweise – ausgeschlossen sein soll, wenn das Fahrzeug nach Einwirken von Sturm, Hagel, Blitzschlag oder Überschwemmung lediglich weiterbenutzt wird und dies den Schaden vergrößert. Dies gilt, zumal je nach dem Geschehensablauf im Einzelnen dem Fahrer jedenfalls das Ausmaß der Natureinwirkung gar nicht bekannt sein muss. Eine derartige Begrenzung des Versicherungsschutzes wird in den Bedingungen durch nichts deutlich gemacht. Vielmehr wird der VN die Regelung ganz entsprechend dem Wortlaut dahin verstehen, dass er bei einer unmittelbaren Einwirkung der Naturgewalt und so verursachter Beschädigung des Fahrzeugs geschützt ist, soweit nicht die Beschädigung (auch) auf ein durch die Naturgewalt veranlasstes Fahrerverhalten zurückzuführen ist.

So hat auch das OLG Stuttgart in einem Fall, in welchem der Fahrer bei Einwirken einer Überschwemmung den Motor nicht ausschaltete und dann seine Fahrt fortsetzen wollte, den vom beklagten VR erhobenen Einwand “Wasserschlag‘ nicht gelten lassen und dazu ausgeführt (VersR 1974, 234 … ): “Der Versicherungsschutz würde nur entfallen, wenn die Überschwemmung das Verhalten des Kl. beeinflusst und erst dieses Fahrerverhalten zur Beschädigung des Fahrzeugs geführt hätte.‘

dd) Eine derartiges durch die Überschwemmung veranlasstes Verhalten des Fahrers steht hier nicht in Rede. Der Streitfall weicht in diesem Punkt von sonstigen, zu Lasten von VN en...

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