[10] "… II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom BG gegebenen Begründung kann ein Anspruch des Kl. auf Rückzahlung des Kaufpreises (§ 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 346 Abs. 1 BGB), auf Erstattung der Kosten für den Austausch defekter Teile (§ 437 Nr. 2, § 347 Abs. 2 BGB bzw. § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1, § 325 BGB) und für die Fehlersuche (§ 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, § 325 BGB), auf Ersatz eines mangelbedingten Nutzungsausfallschadens (§ 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1, § 325 BGB; vgl. Senatsurt. v. 14.4.2010 – VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426 Rn 13) und auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten (§ 280 Abs. 1 BGB), jeweils nebst Zinsen, nicht verneint werden. Denn das vom BG zugrunde gelegte Verständnis der Beweislastumkehr nach § 476 BGB bedarf im Hinblick auf die Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) im Urt. v. 4.6.2015 (C-497/13) in der Sache Faber/Autobedrijf Hazet Ochten BV (a.a.O.) zur Auslegung von Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie einer Korrektur zugunsten des Käufers. …"

[Nach der Bejahung der Zulässigkeit der Revision führte der Senat zur Begründetheit Folgendes aus:]

[14] … 2. Die Revision ist auch begründet. Die bislang vom Senat entwickelten Grundsätze zu den Voraussetzungen des Eingreifens und der Reichweite der Beweislastumkehrregelung des § 476 BGB lassen sich teilweise nicht mit der vom Gerichtshof im Rahmen von Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vorgenommenen Beweislastverteilung zwischen Käufer und Verkäufer in Einklang bringen. Der Senat sieht sich daher unter Aufgabe seiner bisherigen Rspr. zu einer den Vorgaben des Gerichtshofs entsprechenden Auslegung der Bestimmung des § 476 BGB veranlasst. …

[Im Anschluss hieran stellte der BGH die von ihm aufgegebene Rspr. zur Reichweise des § 476 BGB dar und fuhr sodann fort:]

[31] … (b) Demgegenüber stellt der Gerichtshof deutlich geringere Anforderungen an den für das Eingreifen der Vermutung des Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie erforderlichen Nachweis einer Vertragswidrigkeit i.S.v. Art. 2 Abs. 2, Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie.

[32] (aa) Zwar weist er ebenfalls dem Käufer grds. die Beweislast dafür zu, dass eine Vertragswidrigkeit vorliegt und diese bereits zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes bestand (Urt. v. 4.6.2015 – C-497/13, a.a.O. Rn 52, 67 – Faber). Dies folgert er aus einer kombinierten Anwendung der Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, die unter den dort genannten Voraussetzungen eine widerlegbare Vermutung für die Vertragsmäßigkeit der Sache begründet, und der Regelung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie, die klarstellt, dass der Verkäufer für jede Vertragswidrigkeit haftet, die zum Zeitpunkt der Lieferung des Verbrauchsguts besteht (Urt. v. 4.6.2015 – C-497/13, a.a.O. Rn 52 – Faber).

[33] (bb) Von diesem Beweislastgrundsatz abweichend sieht Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie jedoch in den Fällen, in denen die Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Guts offenbar wird, eine Vermutung dahin vor, dass die Vertragswidrigkeit schon zum Zeitpunkt der Lieferung bestand (EuGH, Urt. v. 4.6.2015 – C-497/13, a.a.O. Rn 53, 67 f. – Faber). Diese Beweiserleichterung zugunsten des Verbrauchers beruht, wie der Gerichtshof der Begründung des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und -garantien (KOM[95] 520 endg., S. 14 = BR-Drucks 696/96, S. 13) entnommen hat, auf der Erwägung, dass sich in Fällen, in denen die Vertragswidrigkeit erst nach dem Zeitpunkt der Lieferung des Gutes offenbar wird, die Erbringung des Beweises, dass diese Vertragswidrigkeit bereits zu diesem Zeitpunkt bestand, als “eine für den Verbraucher unüberwindbare Schwierigkeit‘ erweisen kann, während es i.d.R. für den Gewerbetreibenden viel leichter ist, zu beweisen, dass die Vertragswidrigkeit nicht zum Zeitpunkt der Lieferung bestand und dass sie beispielsweise auf einen unsachgemäßen Gebrauch durch den Verbraucher zurückzuführen ist (EuGH, Urt. v. 4.6.2015 – C-497/13, a.a.O. Rn 54 – Faber).

[34] Aus diesem Regelungszweck leitet der Gerichtshof ein Bedürfnis zur Herabsetzung der Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Verbrauchers bezüglich der für das Eingreifen der Vermutung in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie erforderlichen Tatsachen ab. Er legt dem Verbraucher zwar auf, vorzutragen und nachzuweisen, dass das verkaufte Gut nicht vertragsgemäß ist, weil es etwa nicht die im Kaufvertrag vereinbarten Eigenschaften aufweist oder sich nicht für den Gebrauch eignet, der von einem derartigen Gut gewöhnlich erwartet wird. Jedoch verlangt er vom Käufer nur den Nachweis einer Vertragswidrigkeit. Der Käufer muss – anders als dies der bisherigen Sichtweise des Senats zu § 476 BGB entspricht – weder den Grund für die Vertragswidrigkeit noch den Umstand beweisen, dass sie dem Verkäufer zuzurechnen ist (EuGH, Urt. v. 4....

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