BGB § 401 § 412 § 675 § 667; VVG § 86

Leitsatz

Hat ein Rechtsschutzversicherer Deckung für einen Schadensersatzprozess zugesagt und Kostenvorschüsse auf das Konto eines Rechtsanwalts geleistet, der sie auf dem Briefpapier einer Anwaltssozietät angefordert hat, so kann er von der Anwaltssozietät Auskunft über die kostenmäßige Abwicklung des Rechtsstreits verlangen.

(Leitsatz der Schriftleitung)

LG Heidelberg, Urt. v. 27.7.2016 – 1 S 51/15

Sachverhalt

Die Kl. macht als Rechtsschutzversicherung einen Auskunftsanspruch gegen zwei Rechtsanwälte (Bekl. Ziff. 2 und 3) und die von ihnen betriebene Anwaltssozietät (Bekl. Ziff. 1) geltend, die den mitversicherten Ehemann ihrer VN in einem auf ihre Kosten geführten Rechtsstreit vertrat.

Am 2.9.2008 erteilte die Kl. auf Anfrage der Bekl. Ziff. 1 v. 10.7.2008 Deckungszusage für einen Schadensersatzprozess des mitversicherten Ehemanns ihrer VN gegen Herrn L. Mit Schreiben v. 21.10.2008 forderte Rechtsanwalt R auf dem Briefpapier der Bekl. Ziff. 1, auf dem er als Sachbearbeiter bezeichnet war, einen Vorschuss für diesen Prozess an. Dabei verlangte er ausdrücklich Zahlung des Vorschusses auf sein eigenes Konto. Die Kl. zahlte in der Folge Vorschüsse i.H.v. 2.574,31 EUR, davon 1.917,31 EUR auf die Rechtsanwaltsgebühren auf das Konto von Rechtsanwalt R. Gegen L erging am 26.2.2009 Versäumnisurteil, das am 31.3.2009 ergänzt wurde. Auf Anfrage der Kl. nach dem Sachstand teilte die Bekl. Ziff. 1 mit Schreiben v. 31.1.2012 mit, dass das Verfahren abgeschlossen sei und die Zwangsvollstreckung in der Schweiz betrieben werde. Weitere Sachstandsanfragen der Kl. beantwortete sie nicht. Nachdem die Kl. ihre Prozessbevollmächtigten eingeschaltet hatte, teilte die Bekl. Ziff. 1 mit Schreiben v. 14.11.2014 mit, dass die Forderung tituliert sei, die entsprechenden Urteile und der Kostenfestsetzungsbeschluss seien beigefügt. Eine Rückzahlung der Vorschüsse komme nicht in Betracht, weil die Zahlung von 1.917,31 EUR an Rechtsanwalt R geleistet worden sei. Gleichzeitig wurde in dem Schreiben unter Hinweis auf die Rechtsschutzzusage der Kl. ein weiterer Vorschuss i.H.v. 510,45 EUR angefordert. Es wurde eine Berechnung der aus Sicht der Bekl. Ziff. 1 angefallenen Gebühren vorgenommen, von denen die an Rechtsanwalt R geleistete Zahlung sowie der Selbstbehalt abgezogen wurden.

Das AG hat der Klage in der Hauptsache stattgegeben. Es hat ausgeführt, der Auskunftsanspruch des Mandanten der Bekl. sei gem. § 86 Abs. 1 VVG, § 401 BGB als Hilfsanspruch zu dem Herausgabeanspruch nach §§ 675, 667 BGB auf die Kl. übergegangen. Dass die Vorschusszahlung an Rechtsanwalt R geleistet worden sei, sei unerheblich, dies betreffe lediglich das Innenverhältnis.

2 Aus den Gründen:

" … Die zulässige Berufung ist nicht begründet."

Die Kl. hat gegen die Bekl. einen Anspruch aus §§ 675, 666, 412, 401 BGB auf Auskunft über den Sachstand in dem Rechtsstreit des Ehemannes der VN, der vor dem LG D geführt wurde, insb. darauf, welche Beitreibungsmaßnahmen zugunsten des Versicherten getroffen worden sind und welche Gelder erlangt werden konnten.

1. Zwischen der Kl. als Rechtsschutzversicherung und den Prozessbevollmächtigten ihres Versicherten bestehen keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen. Soweit eine Rechtsschutzversicherung allerdings Prozesskosten vorfinanziert hat, geht der Kostenerstattungsanspruch des Versicherten gegen seinen Prozessgegner gem. § 86 Abs. 1 VVG auf die Versicherung über. Leistet der Prozessgegner an den von dem Versicherten beauftragten Rechtsanwalt, geht der Anspruch des Versicherten auf Herausgabe des Erlangten aus §§ 675, 667 BGB gegen seinen Rechtsanwalt gem. § 86 Abs. 1 VVG auf die Versicherung über. Der Auskunftsanspruch des Versicherten gegen seinen Rechtsanwalt folgt dem seinerseits als Hilfsrecht in analoger Anwendung von §§ 412, 401 BGB. … Neben den in § 401 BGB ausdrücklich genannten Rechten wird diese Vorschrift nämlich u.a. auf solche Hilfsrechte entsprechend angewandt, die zur Geltendmachung oder Durchsetzung einer Forderung erforderlich sind. Solche Nebenrechte sind insb. Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung, die darauf abzielen, Gegenstand und Betrag des Hauptanspruchs zu ermitteln. … Nach diesen Grundsätzen steht der Kl. hier zur Ermittlung eines möglichen Herausgabeanspruchs aus §§ 675, 667 BGB, 86 Abs. 1 VVG, 412, 401 BGB ein Auskunftsanspruch gegen die Bekl. zu.

a. Die Kl. hat dem Grunde nach gegen die Bekl. Ziff. 1 einen Anspruch auf Herausgabe erlangter Zahlungen gem. §§ 675, 667 BGB i.V.m. § 86 Abs. 1 VVG, §§ 412, 401 BGB, für den die Bekl. Ziff. 2 und 3 gem. § 128 HGB analog haften, auch wenn die Vorschusszahlungen der Kl. und mögliche Zahlungen des Schuldners auf ein Konto von Rechtsanwalt R geleistet worden sind.

aa. Der Herausgabeanspruch aus §§ 675, 667 BGB richtet sich gegen den Beauftragten. Das war hier die Bekl. Ziff. 1. Sie hat unstreitig für den Versicherten um Deckung bei der Kl. nachgesucht und deren Deckungszusage ist an sie adressiert worden. Sie hat weiterhin vor dem LG D laut Rubrum des dortigen Urte...

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