1. Bei der Frage, auf welchen THC-Wert bei der Annahme fehlender Trennung i.S.d. Nr. 9.2.2. Anlage 4 zur FeV abzustellen ist, untergliedert das BVerwG nach Gefährdungsmaßstab (dazu auch Ls 2), maßgeblichem Grenzwert und einem evtl. Sicherheitsabschlag (dazu Ls 3).

a) Das BVerwG bestätigt in Bezug auf den zugrunde zu legenden (revisionsgerichtlich voll überprüfbaren) Gefährdungsmaßstab, dass eine ausreichende Trennung, die eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Verkehrssicherheit noch als hinnehmbar erscheinen lässt, nur dann vorliegt, wenn der Betroffene Konsum und Fahren so trennt, dass trotz des vorangegangenen Cannabiskonsums eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann. Schon die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit muss ausgeschlossen sein (Rn 32). Das BVerwG wendet damit hier den gleichen Gefährdungsmaßstab an, der bereits seinem Urt. v. 14.11.2013 – 3 C 32.12 (zfs 2014, 175) zugrunde lag (oben Rn 35).

b) Über das in den amtl. Leitsätzen dieser Entscheidung besonders Herausgestellte lässt sich nach dieser Entscheidung zur Beeinträchtigung der Fahrsicherheit bei einer THC-Konzentration von 1 ng/ml und damit zur Frage nach dem maßgeblichen Grenzwert festhalten:

Bei der Frage, ab welchem THC-Wert eine cannabisbedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit möglich ist bzw. nicht mehr ausgeschlossen werden kann ("Risikogrenzwert") beanstandet das BVerwG nicht, dass der VGH Bad.-Württ. als Berufungsgericht (in Übereinstimmung mit der überwiegenden obergerichtlichen Verwaltungsrechtsprechung, weitere Nachweise oben Rn 41; a.A. BayVGH, Beschl. v. 25.1.2006 – 11 CS 05.1711 – zfs 2006, 236) den Grenzwert bei einem im Blutserum gemessenen THC-Wert von 1 ng/ml als erreicht ansieht. Dabei handelt es sich um eine der revisionsgerichtlichen Nachprüfung weitgehend entzogene tatsächliche Feststellung (§ 137 Abs. 2 VwGO; vgl. oben Rn 37 ff.).

c. Zur Probl. siehe zuletzt auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 2.10.2014 – 10 S 1586/14, zfs 2015, 117.

2. Bei mehreren Cannabis-Konsumakten muss, um "gelegentliche Einnahme von Cannabis" i.S.v. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 FeV annehmen zu können, ein Zusammenhang zwischen den Konsumakten bestehen (oben Rn 21). Es darf sich nicht um isolierten Einzelkonsum handeln. Mit dem tatbestandlichen Erfordernis einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis sollen Vorgänge ausgeklammert werden, die sich als einmalige, experimentelle Einnahme dieses Betäubungsmittels darstellen (BayVGH, Beschl. v. 2.4.2009 – 11 CS 09.372, juris). Der erfolgte Konsum muss nach seinem Gewicht und unter zeitlichen Gesichtspunkten von der Art sein, dass insg. von einem gelegentlichen Konsum gesprochen werden kann. Für die Gewichtung des Drogenkonsums sind Art und Ausmaß des bisherigen Konsums in die Betrachtung einzubeziehen. Eine aktuelle gelegentliche Cannabiseinnahme setzt einen inneren und zeitlichen Zusammenhang der Konsumereignisse voraus, wobei sich eine schematische Festlegung von Zeiten, nach deren Ablauf ein Cannabiskonsum im Rahmen der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV unbeachtlich wird, verbietet (NdsOVG, Beschl. v. 7.6.2012 – 12 ME 31/12, zfs 2012, 473; BayVGH, Beschl. v. 4.3.2013 – 11 CS 13.43). Ob eine solche relevante Zäsur zwischen den einzelnen Konsumakten anzunehmen ist, ist nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen; die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen und Wertungen des Tatsachengerichts sind in der Revision nur eingeschränkt überprüfbar (oben Rn 21).

Der BayVGH hat im Beschl. v. 20.9.2006 (11 CS 06.118) einen zeitlichen Abstand von vier Jahren und zehn Monaten und in seinem Beschl. v. 2.4.2009 (11 CS 09.372) einen zeitlichen Abstand von fünf Jahren und drei Monaten für die Annahme der Gelegentlichkeit noch genügen lassen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nach BayVGH (Beschl. v. 4.3.2013 – 11 CS 13.43) von einem gelegentlichen Cannabiskonsum auch dann auszugehen, wenn der Betr. nach seinen eigenen Angaben sowohl im Februar 2004 als auch im April 2006 "mal an einem Joint gezogen" hat und wenn er es jedoch nicht bei diesem sogar mehrmaligen "Experimentieren" bzw. "Probieren" gelassen hat, sondern im Juli 2012 erneut Cannabis in nicht unerheblicher Menge (2,8 ng/ml THC) konsumiert und damit einen Wiederholungsvorsatz zum Ausdruck gebracht (vgl auch HessVGH, Beschl. v. 9.8.2012 – 2 B 1458/12).

Klaus-Ludwig Haus

zfs 3/2015, S. 173 - 180

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