"Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren": Mit diesem zum 1.1.2018 in Kraft getretenen Gesetz hat der Gesetzgeber einmal mehr Kreativität bei der Namensgebung seiner Gesetze bewiesen und hierdurch teils zusammenhangslose Rechtsbereiche durch eine Gesetzesinitiative geändert. Über die Sinnhaftigkeit eines derartigen Vorgehens kann sicherlich trefflich diskutiert werden, indes sollte man als Verkehrsjurist bei einem derartigen Wortungetüm schon genauer hinsehen, gerade weil das Gesetz oftmals nur verkürzt mit "Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts" bezeichnet wird.

Wer nämlich meint, das Gesetz betreffe aufgrund der einleitenden Worte nur den baurechtlich versierten Kollegen im Nebenzimmer und hätte doch für den "Verkehrsrechter" keinerlei Bedeutung, der liegt leider daneben. Gerade für Kollegen, die im Kaufrecht Verkäufer, Lieferanten oder Hersteller vertreten, zeitigt das Gesetz gravierende Auswirkungen.

Ausgangspunkt für die Gesetzesänderung ist die Rechtsprechung des EuGH aufgrund der Entscheidungen vom 16.6.2011 (Az. C 65/09 und C 87/09), wonach der Verkäufer einer beweglichen Sache im Rahmen der Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher verpflichtet sein kann, die bereits in eine andere Sache eingebaute mangelhafte Kaufsache auszubauen und die Ersatzsache einzubauen oder die Kosten für beides zu tragen. Konsequenz dieser Rechtsprechung war, dass ein Verkäufer diese Kosten zu tragen hatte, er jedoch trotz Mangelhaftigkeit der von ihm selbst erworbenen Kaufsache beim Lieferanten bzgl. der Aus- und Einbaukosten keinen Regress nehmen konnte (in aller Regel fehlte es nämlich am Vertretenmüssen, so dass Schadensersatzansprüche ausschieden). Der BGH (zuletzt Urt. v. 2.4.2014 – VIII ZR 46/13) hat es auch abgelehnt, die Rechtsprechung des EuGH auf Kaufverträge zwischen Unternehmen oder Privatleuten zu übertragen.

Durch die Gesetzesänderung wurde im § 439 BGB ein neuer Abs. 3 eingefügt, wonach der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet ist, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen des Aus- und Einbaus zu ersetzen. Dem korrespondiert nunmehr das Rückgriffsrecht des Verkäufers gegen den Lieferanten in § 445a BGB (zur Verjährung der Rückgriffsansprüche vgl. § 445b BGB). Die Vorschrift gilt für sämtliche Kaufverträge. Ist der Käufer Verbraucher, kann er nach § 475 Abs. 6 BGB im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs i.S.d. § 474 Abs. 1 BGB einen Vorschuss verlangen.

Korrespondierend hierzu werden die betreffenden Vorschriften beim Verbrauchsgüterkauf angepasst/aufgehoben, da diese nunmehr bereits "im allgemeinen Kaufrecht" verortet sind. Auch § 309 Nr. 8b) cc) BGB wurde entsprechend ergänzt; ein Abbedingen wäre nur noch individualvertraglich (extrem hohe Anforderungen des BGH!) möglich. Von Interesse ist auch § 479 BGB n.F., der Regelungen zu Garantieerklärungen (§ 443 BGB) trifft. Gerade beim Autokauf wird diese Vorschrift an Bedeutung gewinnen, da die Erklärungen künftig u.a. transparent gestaltet werden müssen.

Das gesetzgeberische Ziel, den Verkäufer auch bei einer Lieferkette durch einen Rückgriff auf den jeweiligen Vorlieferanten und letztlich auf den Hersteller besser zu schützen, wird sicherlich erreicht, denn nach dem Willen des Gesetzgebers soll für die Aufwendungen derjenige einzustehen haben, in dessen Verantwortungsbereich der Mangel letztlich fällt. Es steht aber zu befürchten, dass gerade in der Anfangszeit vor allem im Hinblick auf Erforderlichkeit und Höhe von Aus- und Einbaukosten Streitigkeiten entstehen werden. Inwieweit sich solche Kosten künftig bei der Preiskalkulation niederschlagen werden, bleibt abzuwarten. Hersteller sollten bezüglich solcher Kosten ihren Versicherungsschutz überprüfen und ggf. anpassen.

Autor: Dr. Matthias Köck

RA Dr. Matthias Köck, Fachanwalt für Arbeits- und Verkehrsrecht, Nürnberg

zfs 2/2018, S. 61

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