Mit seiner Entscheidung hat der BGH zwar eine in der Praxis umstrittene Rechtsfrage geklärt. Er ist dabei jedoch ohne Not (s. nachfolgend unter II.) von dem bisherigen Grundsatz des Erstattungsrechts abgewichen, dass die erstattungsberechtigte Partei nur die ihr selbst erwachsenen notwendigen Kosten erstattet verlangen kann. Damit gibt der BGH Anlass, in anderen Bereichen des Erstattungsrechts bisher einhellig vertretene Auffassungen in Zweifel zu ziehen (s. hierzu unter III.) Auch die Begründung des BGH überzeugt nicht in allen Punkten.

I. Inhaber des Kostenerstattungsanspruchs

Der BGH hat seine Auffassung u.a. damit begründet, Inhaber des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs bleibe die erstattungsberechtigte Partei auch dann, wenn ihre Haftpflichtversicherung die Kosten aufgewandt hat. Dies war hier jedoch hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Privatgutachtenkosten gerade nicht der Fall. Denn der Kostenerstattungsanspruch des Bekl. ist mit der Zahlung der Privatgutachtenkosten durch die Haftpflichtversicherung an den Privatgutachter auf die Haftpflichtversicherung übergegangen. Wenn nämlich dem VN ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zusteht, geht dieser Anspruch auf den VR gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG über, soweit der VR den Schaden ersetzt. Dieser Fall hatte hier jedoch gerade vorgelegen. Dem Bekl. stand aufgrund der rechtskräftig gewordenen Kostenentscheidung im Urteil des OLG Köln ein Kostenerstattungsanspruch gegen die unterlegene Kl. zu. Die Berufshaftpflichtversicherung des Bekl. hatte die dem Privatgutachter entstandene Vergütung auch gezahlt. Zu den gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf den VR übergehenden Ansprüchen gehören sowohl materiell-rechtliche als auch – wie hier – prozessuale Kostenerstattungsansprüche (siehe BGH RVGreport 2014, 29 [Hansens] = AGS 2014, 90).

Folglich war hier der Fall eingetreten, dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des Bekl. auf Ersatz der Privatgutachtenkosten auf seine Berufshaftpflichtversicherung übergegangen war. Damit hat der BGH hier dem Bekl. dem Grunde nach einen Kostenerstattungsanspruch zuerkannt, der dem Bekl. gar nicht (mehr) zustand. Erstaunlicherweise hat sich der BGH mit dem gesetzlichen Forderungsübergang des Kostenerstattungsanspruchs nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG mit keinem Wort befasst.

II. Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft

Deshalb wäre es sauberer gewesen, wenn der BGH auf folgende Lösung verwiesen hätte: Die Berufshaftpflichtversicherung hätte ihren VN, den Bekl., ermächtigen müssen, den auf sie gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG übergegangenen Kostenerstattungsanspruch im eigenen Namen und damit in gewillkürter Prozessstandschaft geltend zu machen. Eine solche Verfahrensweise steht für die Zwecke der Kostenfestsetzung der Geltendmachung der Kostenerstattungsansprüche durch den materiellen Rechtsinhaber gleich (siehe dazu OLG Karlsruhe JurBüro 1986, 1087). Folglich hätte hier der Prozessbevollmächtigte des Bekl. eine entsprechende Erklärung der Berufshaftpflichtversicherung seines Mandanten im Kostenfestsetzungsverfahren vorlegen können. Dann hätte der auf die Haftpflichtversicherung übergegangene Kostenerstattungsanspruch im Kostenfestsetzungsverfahren zugunsten des Bekl. berücksichtigt werden können. Der Bekl. wäre dann gegenüber seiner Haftpflichtversicherung verpflichtet gewesen, aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss realisierte Beträge an seine Haftpflichtversicherung auszukehren. Der VIII. ZS des BGH hatte in seinem Beschl. v. 8.10.2013, RVGreport 2014, 29 (Hansens) ausdrücklich auf die Möglichkeit der gewillkürten Prozessstandschaft hingewiesen. Warum der VI. ZS des BGH dies hier nicht erörtert hat, ist nicht ersichtlich.

III. Auswirkungen bei Prozesskostenhilfe

Das Ergebnis der Entscheidung des BGH, wonach der gesetzliche Forderungsübergang – hier nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG – der Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs nicht entgegensteht, hat auch Auswirkungen auf die erstattungsberechtigte Partei, der Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten gewährt worden ist. Zahlt die Landeskasse dem im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt die auf der Grundlage der Gebührentabelle des § 49 RVG berechnete Vergütung aus, so geht der dem PKH-Anwalt nach § 126 Abs. 1 ZPO gegen den erstattungspflichtigen Gegner seines Mandanten zustehende Erstattungsanspruch mit der Befriedigung des Rechtsanwalts durch die Staatskasse gem. § 59 Abs. 1 S. 1 RVG auf diese über, sog. Forderungsübergang auf die Staatskasse. Die Staatskasse macht dann diesen Anspruch gegen den erstattungspflichtigen Gegner der bedürftigen Partei gem. § 59 Abs. 2 S. 1 RVG wie Gerichtskosten geltend. Der auf die Staatskasse übergegangene Anspruch wird deshalb in den gegen den Gegner gerichteten Gerichtskostenansatz eingestellt. Der Höhe nach beschränkt sich der Forderungsübergang auf die ausgezahlte PKH-Anwaltsvergütung (BVerwG RVGreport 2008, 155 (Hansens)).

Steht der Übergang des Kostenerstattungsanspruchs – wovo...

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