StVG § 2 Abs. 2 und 6 S. 1 Nr. 1; FeV § 16 Abs. 3 S. 3 § 17 Abs. 5 S. 2 § 21 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 und Abs. 3 S. 1 Nr. 1 § 22 Abs. 4 S. 4; AsylG § 16 § 19 Abs. 2 § 63 § 64

Leitsatz

1. Eine Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens mit Lichtbild und dem Vermerk, dass die Personenangaben auf den eigenen Angaben des Inhabers beruhen, kann als Nachweis von Tag und Ort der Geburt bei der Beantragung einer Fahrerlaubnis genügen. Etwas anderes gilt, wenn konkrete Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben bestehen.

2. Eine solche anerkennungsfähige Bescheinigung genügt dann auch für den Sachverständigen oder Prüfer, um sich vor der theoretischen und praktischen Fahrprüfung davon zu überzeugen, dass der Prüfling mit dem Antragsteller identisch ist. Gleiches gilt für die Identitätsfeststellung vor der Aushändigung des Führerscheins.

BVerwG, Urt. v. 8.9.2016 – 3 C 16.15

Sachverhalt

Der Kl., ein nach seinen Angaben aus Afghanistan stammender Asylbewerber, begehrt in der Bundesrepublik Deutschland den Erwerb einer Fahrerlaubnis. Seinen Antrag vom Januar 2013, als Identitätsnachweis für den Fahrerlaubniserwerb die ihm in Deutschland ausgestellte und mit einem Lichtbild versehene Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung genügen zu lassen, lehnte die Fahrerlaubnisbehörde ab. Zur Begründung verwies sie dabei darauf, dass nach der FeV zur Überprüfung der Identität des Bewerbers unter anderem ein amtlicher Nachweis über Ort und Tag der Geburt beizubringen sei. Diesen Anforderungen genüge die vom Kl. vorgelegte Bescheinigung nicht, denn die Eintragungen zu Tag und Ort seiner Geburt beruhten ausschließlich auf seinen eigenen Angaben. Auf die nach erfolgslosem Widerspruch hiergegen erhobene Klage hat das VG Frankfurt a.M. (Urt. v. 28.2.2014 – VG 6 K 2998/13.F) die Bescheide aufgehoben und den Bekl. verpflichtet, einem Antrag des Kl. auf Erteilung einer Fahrerlaubnis auf der Grundlage der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung als Identitätsnachweis stattzugeben, sofern die hierfür erforderlichen weiteren gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Die Berufung des Bekl. hat der HessVGH zurückgewiesen (Urt. v. 9.6.2015 – VGH 2 A 732/14, DAR 2016, 97). Zur Begründung heißt es dort, der nach dem Fahrerlaubnisrecht erforderliche Nachweis von Tag und Geburt des Kl. könne mit der vorgelegten Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung geführt werden. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die dort zugrunde gelegten Angaben des Kl. unzutreffend seien. Die mit einem Lichtbild versehene Bescheinigung ermögliche auch die Überprüfung, ob der Fahrerlaubnisbewerber und derjenige, der sich zur theoretischen und praktischen Fahrprüfung vorstelle, identisch seien. Das BVerwG hat die Revision des Bekl. zurückgewiesen.

2 Aus den Gründen:

[9] "… II. Die Revision des Bekl. ist unbegründet. Die Vorinstanzen nehmen im Ergebnis ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) an, dass der Kl. mit der ihm auf der Grundlage von § 63 des Asylgesetzes ausgestellten Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung den gem. § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 StVG i.V.m. § 21 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 FeV bei Beantragung einer Fahrerlaubnis erforderlichen amtlichen Nachweis von Tag und Ort seiner Geburt führen kann (2.) und dass diese Bescheinigung auch zur Identitätsüberprüfung vor der theoretischen (§ 16 Abs. 3 S. 3 und 4 FeV) und der praktischen (§ 17 Abs. 5 S. 2 und 3 FeV) Fahrprüfung genügt (3.). Die in § 22 Abs. 4 S. 4 FeV vorgesehene Identitätsüberprüfung vor der Aushändigung des Führerscheins kann ebenfalls auf der Grundlage dieser Bescheinigung erfolgen (4.)"

[10] 1. Maßgeblich für die Beurteilung der Begründetheit des vom Kl. verfolgten Verpflichtungsbegehrens, mit dem über einen Teil der rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis abschließend entschieden wird, ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung; Anwendung finden die rechtlichen Regelungen, die auch das BG zugrunde zu legen hätte, wenn es zum Zeitpunkt des revisionsgerichtlichen Urteils entschiede (st. Rspr., vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 13.2.2014 – 3 C 1.13, BVerwGE 149, 74 Rn 13, v. 29.1.2009 – 3 C 31.07, NJW 2009, 1687 <1688> und v. 18.6.2008 – 3 C 5.08, NJW 2008, 3589 <3590>; Beschl. v. 16.3.2006 – 3 C 16.05, Buchholz 418.72 WeinG Nr. 29 Rn 11 f. m.w.N.). Anzuwenden sind danach das StVG i.d.F. der Bekanntmachung v, 5.3.2003 (BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Art. 15 des Gesetzes v, 24.5.2016 (BGBl I S. 1217), sowie die FeV v. 13.12.2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung v, 2.10.2015 (BGBl I S. 1674).

[11] 2. Die Annahme des BG, die vom Kl. vorgelegte Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung genüge dem Nachweiserfordernis des § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 StVG i.V.m. § 21 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 FeV, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

[12] a) Nach § 63 des Asylgesetzes (AsylG) i.d.F. der Bekanntmachung v. 2.9.2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes v. 31.7.2016 (BGBl I S. 1939), wird dem Ausländer nac...

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