"Dem Betroffenen eines Bußgeldverfahrens steht ein umfassendes Akteneinsichtsrecht zu, das i.d.R. gem. §§ 147 StPO i.V.m. 46 Abs. 1 OWiG über seinen Verteidiger ausgeübt wird. Dieses Recht ist, sofern die Ermittlungen förmlich abgeschlossen sind (§§ 169a, 147 Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 2, 61 OWiG), zwar nach Ort, Zeitpunkt und Dauer der Einsichtnahme modifizierbar, hinsichtlich seines Umfangs aber weder eingeschränkt noch beschränkbar (vgl. BVerfGE 62, 338)."

Das Einsichtsrecht erstreckt sich dabei nicht nur auf sämtliche Unterlagen der Verwaltungsbehörde, die zu den Akten genommen worden sind, auf die der Vorwurf in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gestützt wird, sondern auch auf alle sonstigen verfahrensbezogenen Vorgänge, die möglicherweise bedeutsam für das Verfahren sind. Dazu gehören insb. Auszüge aus dem Verkehrszentralregister, aber auch Ton- oder Bildaufnahmen, die ggf. auf eine vom Verteidiger einzusendende Leerkassette bzw. Diskette zu überspielen sind (vgl. Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 60 Rn 49 ff.).

Eine weitere Einschränkung des Einsichtsrechts – wie teilweise in der Literatur vertreten z.B. in Bezug auf Eichurkunden, Lebensakten von technischen Messgeräten, Lehrgangsbescheinigungen des Messpersonals usw. (so Göhler, a.a.O. – ohne weiteren Nachweis) kommt nach Überzeugung des Gerichts angesichts der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht in Betracht. Die genannten Unterlagen sind – sofern sie im konkreten Fall vorhanden sind – grds. zur Beurteilung der Erfolgsaussichten eines etwaigen Einspruchs erforderlich und somit dem Betroffenen bzw. seinem Verteidiger zur Kenntnis zu geben, und zwar unabhängig davon, ob sie bereits Teile der Akte sind (so auch AG Bad Kissingen zfs 2006, 706).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 OWiG, § 467 StPO.“

Mitgeteilt von RA Christian Zinzow, Pirmasens

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