"Die Generalstaatsanwaltschaft hält die Rechtsbeschwerde zum Rechtsfolgenausspruch für begründet."

Die Nachprüfung des Urteils lässt aus den von der Generalstaatsanwaltschaft dargelegten Erwägungen zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. erkennen. Den Schuldspruch könnte der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO (vgl. BGH Beschl. v. 8.4.2014 – 1 StR 126/14, juris) dahingehend ergänzen, dass der Betr. sich auch eines fahrlässigen Rechtsüberholens außerhalb geschlossener Ortschaften schuldig gemacht hat.

Die gem. § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG statthafte, mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts zulässig begründete, Rechtsbeschwerde hat hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruches einen zumindest vorläufigen Erfolg.

Im Urteil fehlen jegliche Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betr.

Gem. § 17 Abs. 3 S. 2 OWiG kommen die wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bemessung der Höhe der Geldbuße in Betracht. Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch i.d.R. unberücksichtigt.

Bei Geldbußen von mehr als 250 EUR sind jedoch wegen Überschreitens dieser Geringfügigkeitsgrenze i.d.R. nähere Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen erforderlich (Göhler/Gürtler, OWiG 16. Aufl. § 17 Rn 24). Einschränkungen dieses Grundsatzes sind aber bei Geldbußen wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten anzuerkennen, die den Regelsätzen der Bußgeldkatalogverordnung entsprechen (Thüringer OLG, Beschl. v. 22.12.2004 – 1 Ss 282/04, juris; Göhler, OWiG, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall beträgt die Geldbuße für die Geschwindigkeitsüberschreitung nach der BKatV 240 EUR, für das Rechtsüberholen 100 EUR. Da das AG lediglich eine geringfügige Erhöhung der Regelgeldbuße für die Geschwindigkeitsüberschreitung um 25 EUR für das Rechtsüberholen vorgenommen hat, darüber hinaus die Geldbuße lediglich 15 EUR über der Geringfügigkeitsgrenze liegt, sieht der Senat in Übereinstimmung mit der oben genannten zitierten Literatur und Rspr. einen Sachverhalt als gegeben an, bei dem Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen nicht allein wegen der Höhe der Geldbuße erforderlich sind.

In Übereinstimmung mit dem OLG Hamm (Beschl. v. 13.6.2013 – 1 RBs 72/13, juris) hält der Senat Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen bei Festsetzung einer Regelgeldbuße von mehr als 250 EUR aber nur dann für entbehrlich, wenn keine Anhaltspunkte für außergewöhnlich gute oder außergewöhnlich schlechte wirtschaftliche Verhältnisse des Betr. vorhanden sind und dieser auch keine Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen macht. Das OLG Hamm hat dieses zutreffend damit begründet, dass das Gericht Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betr. nicht erzwingen könne und Aufklärungsmöglichkeiten, wie z.B. Durchsuchungen, vor dem Hintergrund der im Raum stehenden Sanktion als unverhältnismäßig erachtet werden müssten.

Dem angefochtenen Urteil lässt sich aber nicht entnehmen, ob der Betr. Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht hat. Insofern vermag der Senat nicht zu prüfen, ob eine Ausnahme vom Erfordernis, Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen zu treffen, vorliegt.

Aufgrund der Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot führt die rechtsfehlerhafte Entscheidung über die verhängte Geldbuße zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruches insgesamt, ohne dass es darauf ankäme, ob die Beanstandungen der Generalstaatsanwaltschaft – soweit es die Verhängung des Fahrverbotes betrifft – durchgreifen würden.“

Mitgeteilt von RA Stefan Busch, Lübeck

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