Einführung

COVID-19 und der dazugehörige Auslöser SARS-CoV-2 (Corona Virus) haben auch heute noch erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft in unserem Land und das öffentliche Leben. Wegen der umfassenden staatlichen Reaktionen und der damit verbundenen Anordnungen/Untersagungen, die sich auf den Betrieb einzelner Unternehmen ausgewirkt haben, können erhebliche Verluste für betroffene Unternehmen auftreten. Wenn diese über eine Betriebsschließungsversicherung verfügen, ergeben sich eine Vielzahl an Fragestellungen im Hinblick auf einen damit verbundenen Versicherungsschutz, die ebenso wie die ersten Gerichtsentscheidungen zum diesem Themenkreis nachfolgend dargestellt werden.

I. Erfasste Infektionskrankheiten und Auslegung der Bedingungen

Nach den Musterbedingungen zur Betriebsschließungsversicherung leistet der Versicherer eine Entschädigung, wenn die zuständigen Behörden aufgrund des Infektionsschutzgesetzes (im Folgenden IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger den versicherten Betrieb zur Verhinderung der Verbreitung von einer solchen meldepflichtigen Krankheit oder Krankheitserregern schließen. Die Einzelheiten werden in den jeweiligen AVB geregelt, die in unterschiedlichem Umfang auf das IfSG Bezug nehmen können.

1. Zur Anwendung des IfSG

Innerhalb des IfSG ist die in den §§ 6, 7 IfSG geregelte Meldepflicht für bestimmte Krankheiten und Erreger von zentraler Bedeutung. Diese werden in den Bestimmungen grundsätzlich namentlich angeführt, aber beide Bestimmungen enthalten in § 6 Abs. 1 Nr. IfSG und § 7 Abs. 2 IfSG auch eine Generalklausel, wonach auch andere, nicht namentlich genannte Krankheiten und Erreger der Meldepflicht unter bestimmten Voraussetzungen unterliegen können. Darauf basierende Anordnungen nach dem IfSG können Einzelverfügungen oder Allgemeinverfügungen nach § 28 IfSG oder Rechtsverordnungen nach § 32 IfSG sein. So ist z.B. in NRW die im März geltende allgemeine Schließung von Gastronomiebetrieben und Hotels durch die §§ 8,9 der Coronaschutzverordnung angeordnet worden.[1]

Zudem sieht § 15 IfSG vor, dass das Bundesministerium für Gesundheit auch durch Rechtsverordnungen die Meldepflicht nach den §§ 6, 7 IfSG auf weitere Krankheiten oder Krankheitserreger ausdehnen kann. Entsprechend wurde zum 1.2.2020 mit der Coronameldeverordnung verfahren, die sodann erst zum 22.5.2020 mit der Änderung des IfSG außer Kraft getreten ist. In § 1 Abs. 1 dieser Verordnung wird die Meldung nach § 6 Abs. 1 IfSG auf den Verdacht einer Erkrankung in Bezug auf eine Infektion ausgedehnt, die durch das Coronavirus hervorgerufen wird. Am 23.5.2020 wurden SARS-CoV-2 und COVID 19 sodann in die §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 44a IfSG übernommen.

[1] Vgl. auch die anschauliche Darstellung bei Fortmann, VersR 2020, 1073.

2. Ausgangspunkt: Auslegung der Versicherungsbedingungen

Die Betriebsschließungsversicherung hat bisher eine Art "Nischendasein" geführt[2] und rückt nunmehr in den Blickpunkt einer Vielzahl an Rechtsstreitigkeiten. Der Anspruch des VN beruht auf der Leistungsbeschreibung des Versicherers. Die Leistungsbeschreibung des Versicherers und alle damit einhergehenden Beschränkungen ergeben sich wiederum aus dem Versicherungsschein in Verbindung mit den AVB, die sich im erheblichen Umfang unterscheiden können. Es kommt nun insbesondere darauf an, wie diese Bedingungen auszulegen sind.[3]

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind gem. den Vorgaben des BGH nach dem Verständnis eines durchschnittlichen VN bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an.[4] Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind dabei vornehmlich aus sich heraus zu interpretieren.[5] Dabei ist in erster Linie vom Klauselwortlaut auszugehen. Zweck und Sinnzusammenhang von Klauseln sind nur zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind.[6] Spricht der Versicherungsvertrag üblicherweise einen bestimmten Personenkreis an, so kommt es auf die Verständnismöglichkeiten und Interessen der Mitglieder dieses Personenkreises an.[7] Daher ist bei den hier betroffenen Verträgen die Besonderheit zu berücksichtigen, dass diese mit einem gewerbetreibenden, also geschäftserfahrenen Vertragspartner abgeschlossen worden sind.[8]

Praxishinweis: Bei den Versicherungsnehmern handelt es sich regelmäßig um Betriebe, die einen kaufmännisch eingerichteten Gewerbebetrieb erfordern, weshalb man von den Inhabern oder Geschäftsführern jeweils entsprechende kaufmännische Kenntnisse und Sorgfalt bei dem Durchlesen eines Vertragsformulars erwarten kann. Im Regelfall besitzen die Inhaber oder Geschäftsführer dieser Betriebe jedoch keine vertieften Kenntnisse medizinischer oder rechtlicher Art im Zusammenhang mit dem Inhalt des IfSG.[9]

Unter Beachtung dieser Grundsätze zeigen sich insoweit schon einzelne Fallgruppen in der Praxis, die im nachfolgenden dargestellt werden.

[2] Vgl. Korff, COVuR 2020, 246; zur Bewertung als Kriterium bei der Auslegung vgl. auch LG Bochu...

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