[13] "… Offen bleiben kann, ob der maßgebliche Zeitpunkt für den Eintritt des Versicherungsfalls im Berufungsurteil zutreffend bestimmt ist. Denn selbst wenn man mit dem BG annimmt, der Versicherungsfall sei in versicherter Zeit eingetreten, steht der Rechtsschutzverpflichtung der Bekl. entgegen, dass die Kl. die in § 4 Abs. 3 Buchst. b ARB 2000 geregelte dreijährige Ausschlussfrist für die Geltendmachung ihres Rechtsschutzanspruches versäumt und dies nicht ausreichend entschuldigt hat."

[14] 1. Nach § 4 Abs. 3 Buchst. b ARB 2000 besteht kein Versicherungsschutz, wenn der Anspruch auf Rechtsschutz erstmals später als drei Jahre nach Beendigung des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand der Versicherung geltend gemacht wird. Das ist hier der Fall, denn der Rechtsschutzversicherungsvertrag endete zum 1.10.2006, das an die Bekl. gerichtete Rechtsschutzbegehren der Kl. datiert auf den 6.6.2012.

[15] a) Im Ansatz noch zutreffend hat das BG angenommen, die Bekl. könne den Ablauf dieser Ausschlussfrist nicht einwenden, wenn die Kl. an dem Fristversäumnis kein Verschulden treffe (vgl. zu § 4 Abs. 4 ARB 75: Senat VersR 1992, 819 unter II 1 m.w.N.).

[16] b) Fraglich und in der Senatsrechtsprechung noch ungeklärt ist allerdings, ob die nach § 4 Abs. 3 Buchst. b ARB 2000 zur Fristwahrung geforderte Geltendmachung des Rechtsschutzanspruches mehr verlangt als eine bloße Meldung des Versicherungsfalls, ob sie insb. – wie das BG und die Revisionserwiderung meinen – die Mitteilung aller Umstände und Beweismittel erfordert, die dem VR eine Prüfung seiner Leistungsfähigkeit ermöglichen (vgl. einerseits Harbauer/Maier, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 4 ARB 2000 Rn 153 … ; andererseits LG München I VersR 2009, 674, 675; HK-VVG/Münkel, 3. Aufl. § 4 ARB 2010 Rn 19 … ). Zweifelhaft ist weiter, ob es den VN auch entschuldigt, wenn die fristgemäße Geltendmachung des Rechtsschutzanspruches daran scheitert, dass seine Voraussetzungen – wie hier – bis zum Fristablauf noch gar nicht entstanden sind.

[17] c) Nimmt man mit dem BG an, die Kl. sei bis zur Zustellung des Widerspruchsbescheides der DRV Bund schuldlos daran gehindert gewesen, den Anspruch auf Rechtsschutz in der von § 4 Abs. 3 Buchst. b ARB 2000 geforderten Weise geltend zu machen, stellt sich schließlich die Frage, ob ihr – wie das BG meint – nach Wegfall des Hindernisses eine analog zur sozialgerichtlichen Klagefrist auf einen Monat zu bemessende Überlegungsfrist zuzubilligen wäre oder ob aus dem Erfordernis, die versäumte Handlung nach Wegfall des Hindernisses für die Fristwahrung unverzüglich nachzuholen, eine deutlich kürzere Überlegungszeit abzuleiten wäre.

[18] Der Senat hat bereits zur 15-Monatsfrist für die Geltendmachung einer Invalidität in der Unfallversicherung entschieden, dass nach einer entschuldbaren Fristversäumung für den VN keine neue Frist zu laufen beginnt, sondern er die Invalidität nach Wegfall des Entschuldigungsgrundes unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, geltend machen muss (Senat VersR 2002, 698 unter 3 b … ). Es spricht viel dafür, dies auch auf die Ausschlussfrist des § 4 Abs. 3 Buchst. b ARB 2000 zu übertragen (Harbauer/Maier, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 4 ARB 2000 Rn 151 … ), weil es – wie auch die Revision beanstandet – insofern auf gesetzliche Fristen, etwa die sozialgerichtliche Klagefrist, die im Versicherungsverhältnis der Parteien nicht gelten, nicht ankommen kann.

[19] 2. Die vorstehenden Fragen müssen im Streitfall allerdings nicht geklärt werden. Denn das BG hat der Kl. jedenfalls zu Unrecht eine zusätzliche Frist für die Abfassung ihres Rechtsschutzersuchens zugebilligt und erst wegen deren Wahrung ein Verschulden der Kl. verneint.

[20] a) Die tatrichterliche Beurteilung der Verschuldensfrage unterliegt im Revisionsverfahren unter anderem der Prüfung, ob der Berufungsentscheidung zutreffende Grundsätze zugrunde gelegt worden sind (vgl. Senat VersR 2014, 951 Rn 21).

[21] b) Das ist hier nicht der Fall. Der vom BG angenommene Hinderungsgrund für die Geltendmachung des Rechtsschutzanspruches war spätestens mit der Zustellung des Widerspruchsbescheides an die Kl. am 2.5.2012 entfallen. Insofern kommt es – anders als die Revisionserwiderung meint – nicht auf den Entschluss der Kl. zur Klageerhebung und die Klageeinreichung selbst an, da die Erteilung der Deckungszusage es nicht erfordert, dass das sozialgerichtliche Verfahren bereits in die Wege geleitet ist.

[22] Das ergibt sich auch aus § 17 Abs. 4 S. 2 ARB 2000. Nach dieser Klausel trägt der VR dann, wenn der VN bereits vor der Bestätigung des Umfangs des Rechtsschutzes Maßnahmen zur Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen ergreift und hierdurch Kosten entstehen, nur diejenigen Kosten, die bei einer Rechtsschutzbestätigung vor Einleitung dieser Maßnahmen entstanden wären. Daraus ergibt sich für den durchschnittlichen VN, dass die Bedingungen davon ausgehen, dass die Rechtsschutzbestätigung im Regelfall erfolgt, bevor der VN Maßnahmen zur Wahrnehmung seiner rech...

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