Beim Auslesen von Fahrzeugdaten ist zu beachten, dass es sich spätestens dann, wenn diese Daten für die Unfallrekonstruktion eines Verkehrsunfalls verwendet werden sollen, um personenbezogene Daten handelt.[1] In diesem Fall können sodann die Rechtmäßigkeit der Erhebung dieser Daten sowie mögliche Einwendungen zu einem Beweisverwertungsverbot zu prüfen sein.

[1] Vgl. Balzer/Nugel in Castro/Becke/Nugel: Personenschäden im Straßenverkehr, 1. Aufl. 2016, Rn 870 ff.

I. Zum Anwendungsbereich des BDSG

Im Event Data Recorder vorhandene Daten wie etwa eine gefahrene Geschwindigkeit, ein bestimmter Lenkeinschlag oder der Einsatz eines Bremspedals sind erst einmal Daten, die sich lediglich auf den Zustand eines Fahrzeuges und dem Einsatz von Systemen beziehen. Sie werden aber spätestens dann zur personenbezogenen Daten, wenn im Zusammenspiel mit einem eingetretenen Unfallereignis eine bestimmte Person als derjenige zugeordnet werden kann, der für die Entstehung dieser Daten verantwortlich ist. Wenn mit Hilfe dieser Daten eine Person als Verantwortlicher und ein von ihm an den Tag gelegtes Verhalten näher bestimmt werden kann, handelt es sich um personenbezogene Daten im Sinne des § 3 BDSG, so dass der Anwendungsbereich dieses Gesetzes eröffnet ist.[2] Es gilt dann ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, soweit es um die Verarbeitung, Speicherung und Verwendung der Daten geht.

[2] LG Bochum VRR 3/2017, 10 ff.; vgl. auch Nugel, Aktuelles zum Auslesen von Daten in Fahrzeugen zur Unfallrekonstruktion, VRR 3/2017, 4 ff.

II. Rechtfertigungsgründe

Insoweit bestehen nach dem BDSG derzeit zwei Rechtfertigungsgründe, die eine rechtmäßige Datenerhebung ermöglichen. Zum einen kann eine entsprechende Einwilligungserklärung vorliegen, soweit es um die Verwendung dieser Daten zum Zwecke der Unfallrekonstruktion geht. Oder es kann zum anderen eine Rechtfertigung nach § 28 BDSG im Rahmen einer Güterabwägung unter Beachtung der Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit vorliegen.[3]

[3] Vgl. Balzer/Nugel, Das Auslesen von Fahrzeugdaten zur Unfallrekonstruktion im Zivilprozess, NJW 2016, 193 ff.

1. Anforderungen an einer Einwilligung

Wird ein Umgang mit personenbezogenen Daten zur Unfallrekonstruktion beabsichtigt, ist der sicherste Weg für denjenigen, der mit diesen Daten sodann als verantwortliche Stelle im Sinne des § 3 Nr. 7 BDSG umgehen möchte, sich die Einwilligung des Betroffenen einzuholen. Bei einer solchen Einwilligung ist insbesondere zu beachten, dass diese transparent ausgestaltet wird, ferner hinreichend bestimmt ist und frei von Zwang abgegeben wird sowie jederzeit widerrufen werden kann. Der Betroffene muss anhand dieser Erklärung zumindest im Wesentlichen erkennen können, um welche Daten es im Einzelnen geht und zu welchem Zweck diese erhoben werden. Im Regelfall wird es erforderlich sein, die wesentlichen Kategorien der ausgelesenen Daten wie etwa den Einsatz des Bremspedals, die gefahrene Geschwindigkeit oder die eingeschlagene Lenkung sowie auch die entsprechenden Systeme, auf die hierfür zurückgegriffen wird, zumindest im groben Überblick anzuführen. Erkennbar muss auch sein, wer diese Daten erhebt, zu welchem Zweck dies geschieht und wer letztendlich berechtigt ist, mit diesen Daten weiterhin umzugehen.[4]

[4] Vgl. Balzer/Nugel in Castro/Becke/Nugel: Personenschäden im Straßenverkehr, 1. Aufl. 2016, Rn 815 ff.

2. Rechtfertigung nach § 28 BDSG

Liegt keine oder zumindest keine wirksame Einwilligung vor, bleibt immer noch der Rechtfertigungsgrund des § 28 BDSG. Das Auslesen der personenbezogenen Daten muss dann zu einem berechtigten Interesse erfolgen, dafür erforderlich sein und das damit verbundene Interesse muss das Interesse am Schutz personenbezogener Daten des Betroffenen überwiegen.

Im Hinblick auf die Erforderlichkeit werden sich selten entsprechende Einwendungen ergeben. Viele in modernen Fahrzeugen eingebaute Assistenzsysteme führen dazu, dass nach einem Verkehrsunfall keine aussagekräftigen Spuren für eine Rekonstruktion zur Verfügung stehen und insbesondere ein Bremsweg nicht sicher bestimmt werden kann. Um eine Unfallrekonstruktion erfolgreich durchführen zu können ist es daher von unschätzbarem Vorteil, die fehlenden Erkenntnislücken durch das Auslesen von Fahrzeugdaten zu schließen, sofern dies technisch möglich ist. Gleich wirksame, aber weniger weitreichende Möglichkeiten bestehen im Regelfall nicht.

Im Hinblick auf die vorzunehmende Güterabwägung ist zu berücksichtigen, dass letztendlich ein Sachverhalt aufgeklärt werden soll, der sich nicht in einer Intimsphäre des Betroffenen, sondern sich im öffentlichen Straßenverkehr ereignet hat und daher auch von allen Augen wahrgenommen wird. Im Regelfall wird es um die Aufklärung eines Verkehrsunfalls mit nicht unerheblichen Schäden im materiellen oder immateriellen Bereich gehen und die Betroffenen werden vielfach auf die Daten zur Unfallrekonstruktion aus den dargelegten Gründen angewiesen sein. Zumindest zur Aufklärung zivilrechtlicher Ansprüche aus einem Verkehrsunfall dürfte eine solche Auswertung von Daten im Regelfall zulässig sein.[5] Dies geht insbesondere dann, wenn beispielswe...

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