[5] "… I. [Das BG] ist zu dem Ergebnis gelangt, dem Kl. stünden Ansprüche aus dem Unfall seiner Ehefrau v. 8.10.2009 wegen der erlittenen Oberarmkopffraktur zu. Zum Zeitpunkt des Unfalles habe die Versicherung noch bestanden. Die von der Bekl. erklärte Kündigung v. 13.8.2009 sei nicht wirksam, da die Kündigungsfrist nicht gewahrt sei. …"

[6] Infolge des Unfalles stehe dem Kl. neben dem Krankenhaustagegeld von 11.417 EUR ein Anspruch auf Invaliditätsleistung in der vom LG zuerkannten Höhe von 60.900 EUR zu. Durch den Unfall sei eine dauerhafte Funktionseinschrän kung an dem Schultergelenk eingetreten. Diese führe zu einem Invaliditätsgrad von 35 %. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Invaliditätsbemessung sei die Dreijahresfrist, da der Kl. noch vor Ablauf der Neubemessungsfrist klageweise Invaliditätsansprüche geltend gemacht habe. Ausgehend von dem Ablauf der 15-monatigen Invaliditätseintrittsfrist am 8.1.2011 sei von einem Invaliditätsgrad von 10/20 Armwert auszugehen. Die Bekl. sei dafür beweispflichtig, dass innerhalb der Dreijahresfrist bis zum 8.10.2012 etwaige Veränderungen eingetreten seien. Diesen Beweis habe sie nicht geführt. Zwar habe der Sachverständige zum Zeitpunkt der Untersuchung am 20.11.2013 festgestellt, dass keine “frozen shoulder‘ mehr vorgelegen habe. Es lasse sich jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass diese Verbesserung bereits am 8.10.2012 eingetreten sei. Ließe man hingegen für eine Reduzierung der Invaliditätsleistung im Rahmen der Neubemessung genügen, dass bei Ablauf der Dreijahresfrist noch mit einer zukünftigen Verbesserung zu rechnen sei, müsse jedenfalls eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine solche Prognose verlangt werden. Daran fehle es hier.

[7] Hinsichtlich des Unfalls v. 2.3.2010 habe der Kl. einen Anspruch auf Invaliditätsentschädigung i.H.v. 17.400 EUR. Die Ehefrau habe durch den Unfall eine Tibiakopffraktur des linken Knies erlitten. Unter Berücksichtigung der Vorinvalidität des Knies betrage der Invaliditätsgrad rechnerisch 11,25 % (1/4 von 60 % = 15 %, abzüglich anteiliger Vorinvalidität von einem Viertel). Die Vorinvalidität des Hüftgelenks sei dem Bein nicht zuzuordnen, so dass insoweit kein weiterer Abzug in Betracht komme.

[8] II. Das hält rechtlicher Nachprüfung überwiegend nicht stand.

[9] 1. Unfall v. 8.10.2009

[10] a) Entgegen der Auffassung der Revision bestand der Unfallversicherungsvertrag zwischen den Parteien zum Zeitpunkt des Unfalles v. 8.10.2009 (Oberarmkopffraktur) allerdings noch. Die von der Bekl. erklärte Kündigung war nicht wirksam, da die Kündigungsfrist gem. Ziff. 10.3 S. 2 AUB 2000 nicht eingehalten wurde. Die einmonatige Kündigungsfrist begann mit der Zahlung des Krankenhaustagegeldes durch die Bekl. gem. Schreiben v. 9.7.2008 und war zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung am 13.8.2009 abgelaufen.

[11] aa) Die Frage, wie die Kündigungsfrist in Ziff. 10.3 AUB 2000, die den in der Unfallversicherung verwendeten Standardbedingungen entspricht … , zu berechnen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Nach überwiegender Auffassung entsteht das Kündigungsrecht für jede Vertragspartei, sobald eine Leistung aus dem Versicherungsvertrag erbracht wurde, mithin mit der ersten Leistung (vgl. LG München I VersR 1981, 249; HK-VVG/Rüffer, 3. Aufl. Ziff. 10 AUB 2010 Rn 5 … ). Nach der Gegenauffassung wird das Kündigungsrecht demgegenüber mit jeder Teilleistung neu begründet (so insb. Jacob, Unfallversicherung AUB 2014, 2. Aufl. Ziff. 10 Rn 6 … ).

[12] bb) Die überwiegende Auffassung trifft zu. Hierfür spricht bereits der Wortlaut der Klausel. Danach kann der Vertrag durch jede Vertragspartei beendet werden, wenn der VR “eine Leistung erbracht‘ hat. Bei der Auslegung von AVB kommt es nach st. Rspr. des Senats darauf an, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. … Auf dieser Grundlage wird ein durchschnittlicher VN die Klausel dahin verstehen, dass das Kündigungsrecht einsetzt, sobald eine Leistung seitens des VR erbracht worden ist. Dem Klauselwortlaut lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass das Kündigungsrecht mit weiteren Leistungen jeweils neu entsteht. Anderenfalls hätte dies zur Folge, dass dem VR je nach Anzahl der von ihm erbrachten Teilleistungen eine für den VN unabsehbare Zahl von Kündigungsrechten zustünde. Ebenso wenig ist der Klausel zu entnehmen, dass das Kündigungsrecht und damit der Fristlauf erst mit der Abschlussleistung des VR einsetzt, durch die die Gesamtentschädigung geleistet wird. Dies wird dem VN im Wortlaut der Klausel, die unterschiedslos auf “eine Leistung‘ abstellt, nicht verdeutlicht.

[13] Auch aus dem dem VN erkennbaren Sinn und Zweck der Klausel erschließt sich ihm nicht, dass dem VR jeweils ein neues Kündigungsrecht für den gesamten Vertrag zusteht, sobald er eine Teilleistung erbracht hat. Das Sonderkündigungsrecht nach Eintritt des Versicherungsfalls und Leistung des VR soll einerseits dem VN die ...

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