Aufgrund der verfahrensrechtlichen Besonderheiten musste das OLG Koblenz in seiner Entscheidung nicht zur Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr Stellung nehmen. Dabei geht es insb. um folgende Probleme

I. Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr nach Berufungseinlegung

Die Verfahrensgebühr ist in einem solchen Fall erstattungsfähig, wenn der Antrag auf Zurückweisung der Berufung für den Berufungsbeklagten – hier also für den Bekl. – zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war. Die Partei kann nämlich die Erstattung der von ihr aufgewendeten Kosten nur insoweit beanspruchen, als sie der aus dem Prozessrechtsverhältnis obsiegenden Pflicht nachgekommen ist, die Kosten möglichst niedrig zu halten (BGH RVGreport 2007, 427 (Hansens) = AGS 2007, 537; BGH RVGreport 2010, 76 (ders.). Danach ist der die 1,6 Verfahrensgebühr auslösende Antrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels erstattungsrechtlich grds. nicht notwendig, wenn der Rechtsmittelführer noch keinen Berufungsantrag und keine Berufungsbegründung eingelegt hat. Erst nach Vorliegen der Rechtsmittelbegründung kann sich nämlich der Berufungsbeklagte mit Inhalt und Umfang des Angriffs auf die Entscheidung der Vorinstanz sachlich auseinandersetzen und das Berufungsverfahren durch einen entsprechenden Gegenantrag fördern (so BGH RVGreport 2010, 76 (Hansens)).

Andererseits ist der Berufungsbeklagte erstattungsrechtlich nicht verpflichtet, bei Einlegung einer Berufung zur Fristwahrung oder einer Berufung ohne Begründung mit der Bestellung eines Prozessbevollmächtigten in der Berufungsinstanz zu warten. Deshalb ist auch in einem der vorgenannten Fälle die 1,1 Verfahrensgebühr erstattungsfähig, wenn die Berufung nicht durchgeführt wird (siehe hierzu etwa BGH RVGreport 2007, 427 (Hansens) = AGS 2007, 537; BGH BRAGOreport 2003, 53 (ders.) = AGS 2003, 219; BGH BRAGOreport 2003, 74 (ders.) = AGS 2003, 231 für die Revision; BGH RVGreport 2004, 75 (ders.) = AGS 2004, 124).

II. Verfrühter Berufungszurückweisungsantrag

Vorliegend hatte der Bekl. seinen Berufungszurückweisungsantrag gestellt, bevor der Kl. seine Berufung (teilweise) begründet hatte. Dies ist insoweit erstattungsrechtlich unschädlich, wenn sich der verfrüht gestellte Zurückweisungsantrag im Nachhinein als notwendig erweist, wenn die Rechtsmittelbegründung des Gegners später eingeht (so BGH RVGreport 2008, 274 (Hansens) = zfs 2009, 465 mit Anm. Hansens = AGS 2009, 313; BGH RVGreport 2010, 431 (ders.) = AGS 2010, 513; BGH RVGreport 2015, 26 (ders.) = zfs 2015, 347 m. Anm. Hansens).

III. Mischfall

Vorliegend lag ein sog. "Mischfall" vor, da der Bekl. seine Berufung nicht in vollem Umfang seiner Beschwer mit hier 20.500 EUR, sondern nur hinsichtlich eines Teilbetrags i.H.v. 5.500 EUR begründet hatte. In einem solchen Fall erweist sich der verfrüht gestellte Zurückweisungsantrag im Nachhinein nur hinsichtlich des Teilwertes als notwendig, hinsichtlich dessen die Berufung später begründet wurde. Das war hier hinsichtlich eines Teilwerts i.H.v. 5.500 EUR der Fall, so dass nach diesem Wert die 1,6 Verfahrensgebühr erstattungsfähig war. Hinsichtlich des Restwerts von 15.000 EUR war die – frühzeitige – Stellung des Zurückweisungsantrags auch im Nachhinein nicht notwendig, so dass nach diesem Teilwert lediglich eine 1,1 Verfahrensgebühr erstattungsfähig war. Damit war zwar der vom Kl. vorgebrachte erstattungsrechtliche Ansatzpunkt zutreffend. Hieraus ergab sich jedoch kein niedrigerer Erstattungsbetrag als von der Rechtspflegerin berücksichtigt.

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens

zfs 12/2015, S. 709 - 710

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