[8] "… II. Ein Recht des Bekl. zur Minderung der Vergütung kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des BG nicht verneint werden."

[9] 1. Entgegen der Auffassung des BG haben die Parteien einen Werkvertrag geschlossen. Gem. § 631 Abs. 2 BGB kann Gegenstand eines Werkvertrags auch ein durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein. Für die Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag ist der im Vertrag zum Ausdruck kommende Wille der Parteien maßgebend. Es kommt darauf an, ob eine Dienstleistung als solche oder als Arbeitsergebnis deren Erfolg geschuldet wird (BGHZ 151, 330, 332 f. = NJW 2002, 3323; BGH GRUR 1974, 284 = WM 1972, 947 unter I 1).

[10] Die Kl. schuldete einen Erfolg. Nach der getroffenen Vereinbarung hatte sie unter Übernahme der Pflichten des Straßenreinigungsgesetzes die vereinbarten Flächen von Schnee- und Eisglätte “freizuhalten’. Die Kl. schuldete danach ein bestimmtes Arbeitsergebnis. Es kam den Vertragsparteien darauf an, dass die vereinbarten Flächen in der Wintersaison gefahrlos benutzt werden konnten. Vertragsgegenstand war, wie die Revision zutreffend ausführt, die erfolgreiche Bekämpfung von Schnee- und Eisglätte.

[11] Das BG hat als entscheidend angesehen, dass die Kl. auch die Verkehrssicherungspflicht des Bekl. übernommen hat. Um dem nachzukommen, so hat das BG gemeint, schulde die Kl. vor allem die Überwachung der Wetterlage und vereinbarten Fläche, so dass der Vertrag überwiegend dienstvertraglichen Charakter habe (ebenso LG Hamburg, WuM 1989, 622 = BeckRS 1989, 31218801; LG Berlin, GE 2011, 201 = BeckRS 2011, 02468; GE 2011, 953 = BeckRS 2011, 19643; LG Potsdam, GE 2012, 347 = BeckRS 2012, 06140). Das ist nicht richtig. Die Übernahme der Verkehrssicherungspflicht ändert nichts an der Rechtsnatur des Vertrags. Diese wird maßgeblich durch den Werkerfolg geprägt, der darin besteht, dass die Gefahrenquelle beseitigt wird (KG, GE 1980, 1059, 1060; GE 1981, 143; OLG Brandenburg, GE 2012, 1558 = BeckRS 2012, 23937; AG Spandau, GE 2011, 1624 = BeckRS 2011, 28829; AG Tempelhof-Kreuzberg, GE 2012, 407 = BeckRS 2012, 07182; AG Berlin-Mitte, GE 2012, 408). Wetterbeobachtungen und -prognosen dienen lediglich dazu, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem ein Winterdienst notwendig ist.

[12] Das BG hat weiter gemeint, es spreche gegen einen Werkvertrag, dass eine Vergütung auch dann geschuldet sein solle, wenn witterungsbedingt kein Winterdienst notwendig wird. Das überzeugt nicht. Ein Werkvertrag liegt auch dann vor, wenn die Leistung des Unternehmers nur unter bestimmten Umständen zu erbringen ist. Der Einordnung eines sog. Winterdienstvertrags als Werkvertrag steht auch nicht entgegen, dass der Auftraggeber ein pauschales, nach Zeitabschnitten bemessenes Entgelt zu entrichten hat (vgl. Peters, LMK 2011, 316557). Ebenso wenig ist entscheidend, dass der Vertrag auf eine bestimmte Zeitdauer angelegt ist und somit Züge eines Dauerschuldverhältnisses aufweist. Angesichts des auf einen Erfolg bezogenen Vertragszwecks kommt diesen Umständen kein entscheidendes Gewicht zu (OLG Brandenburg, GE 2012, 1558 = BeckRS 2012, 23937).

[13] 2. Nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag des Bekl. ist die Kl. ihrer Räumpflicht an mehreren Tagen teilweise, nämlich im Hinblick auf bestimmte Flächen, nicht bzw. nicht vollständig nachgekommen. Wie die Revision zu Recht geltend macht, ist die Vergütung deshalb herabzusetzen.

[14] a) Der Bekl. hat die Minderung konkludent durch Zurückhaltung eines Teils der Vergütung erklärt. Bereits das AG, auf dessen Feststellungen das BG Bezug genommen hat, hat das Verhalten des Bekl. in diesem Sinn beurteilt.

[15] b) Die Minderung richtet sich im Streitfall nach dem werkvertraglichen Sachmängelrecht (§§ 634 ff. BGB), nicht nach dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht (§ 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, § 441 Abs. 3 BGB).

[16] aa) Im Grundsatz markiert die Abnahme des Werkes den maßgebenden Zeitpunkt, von dem an die Mängelrechte des Bestellers eingreifen. Der Senat muss nicht entscheiden, ob dem Besteller bereits vor der Abnahme Mängelrechte gem. § 634 BGB (in der Fassung des am 1.1.2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001, BGBl I S. 1887) zustehen (s. auch BGH NJW 2010 3573 = NZBau 2010, 768 Rn 28; NJW 2011, 1224 = NZM 2012, 92 = NZBau 2011, 310 = BauR 2011, 1032 Rn 17). Eine Abnahme des von der Kl. geschuldeten Winterdienstes scheidet seiner Natur nach aus, vgl. auch § 646 BGB. Sinn und Zweck des Winterdienstvertrags ist es, dass der Auftragnehmer den Winterdienst versieht, ohne dass der Auftraggeber jedes Einsatzergebnis billigen soll. Der Auftraggeber soll gerade davon freigestellt werden, seinerseits die Witterung im Blick zu behalten und bei Schneefall bzw. Eisglätte am Ort der Winterdienstleistung zu erscheinen. Auch zum Ende der vereinbarten Wintersaison (30.4. des Jahres) ist das Werk nicht mehr abnahmebedürftig. An einer Abnahme zu diesem Zeitpunkt besteht für den Auftraggeber kein Interesse mehr. Denn er kann die Leist...

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