" … Der Kl. steht ein Anspruch auf Feststellung, dass die Bekl. ihr aus einem zum Unfallzeitpunkt bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrag Deckungsschutz bezüglich der von ihrem Sohn X geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen zu gewähren habe, nicht zu. Denn bei dem Sohn handelt es sich um eine mitversicherte Person, deren etwaiger Haftpflichtanspruch vom Versicherungsschutz gem. § 4 II. Nr. 2a) AHB ausgenommen ist."

1. Allerdings ist entgegen der von der Bekl. vertretenen Ansicht ihre Einstandspflicht nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil sich mit Blick auf die von der Kl. vorgenommenen Umbau- und Renovierungsmaßnahmen ein typisches Risiko der Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht realisiert hätte. Versichert in der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung ist die gesetzliche Haftpflicht des VN als Haus- und/oder Grundstücksbesitzer, z.B. als Eigentümer. Versichert sind hierbei Ansprüche aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, die dem VN in den oben genannten Eigenschaften obliegen, z.B. bauliche Instandhaltung, Beleuchtung, Reinigung, Streuen und Schneeräumen auf Gehwegen. … Hierunter fällt der behauptete Schadensfall nicht. Zwar hat die Kl. Bau- und Renovierungsmaßnahmen vorgenommen und in diesem Zusammenhang ihrer Behauptung nach den Sohn verletzt. Selbst wenn es sich so zugetragen haben sollte, hat die Kl. hierdurch jedoch nicht gegen eine sich gerade aus dem Eigentum an dem Mehrfamilienhaus ergebende Pflicht verstoßen. Denn hierunter fallen nur die Pflichten, die gegenüber Dritten oder der Allgemeinheit zu erfüllen sind, um diese vor den von einem Haus ausgehenden typischen Gefahren zu schützen. Gefahren, die sich unabhängig von der Verletzung solcher Verkehrssicherungspflichten verwirklichen, die also nur in einem zufälligen oder gelegentlichen Zusammenhang mit Haus- oder Grundbesitz stehen, fallen nicht unter die Haus- und Grundhaftpflichtversicherung, sondern sind von der Privathaftpflichtversicherung zu übernehmen (vgl. Senat VersR 1990, 775, 776 … ). Die Kl. hat hier allenfalls gegen allgemeine Sorgfaltspflichten, die jeden treffen, der Fliesen von Wänden abschlägt, verstoßen. Dagegen hat sie nicht gegen Sorgfaltspflichten verstoßen, die sie gerade als Eigentümerin des Mehrfamilienhauses trafen. Insb. wäre die Haftung gegenüber dem vermeintlich Geschädigten X dieselbe gewesen, wenn die Kl. nicht Eigentümerin des Mehrfamilienhauses gewesen wäre. Die Kl. befand sich gleichsam als Privatperson in der leer stehenden Wohnung des Mehrfamilienhauses, in der sich ein privates Risiko durch eine von ihr ausgehende willentliche Handlung realisierte. Allein das Unterlassen der Beachtung von Verkehrssicherungspflichten beim Abschlagen der Fliesen führte zu dem dargelegten Schadensereignis, gleich wo sich diese Örtlichkeit befand und unabhängig davon, ob die Kl. deren Eigentümerin war.

2. Was die danach hier in Rede stehende Einstandspflicht der Bekl. aus der bei ihr unterhaltenen Privathaftpflichtversicherung angeht, ist die Kl., wie vom LG im Ansatz zu Recht angenommen, als VN für das Vorliegen eines Versicherungsfalls gem. § 1 (1) AHB darlegungs- und beweisbelastet. Nach § 1 (1) AHB gewährt der VR dem VN u.a. Versicherungsschutz für den Fall, dass er wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadensereignisses, das die Verletzung oder Gesundheitsschädigung von Menschen (Personenschaden) zur Folge hatte, für diese Folgen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Die Kl. behauptet hinsichtlich des Schadensereignisses, dass sie beim Abschlagen von Fliesen ihren Sohn am linken Auge durch Splitterflug verletzt habe. Unstreitig nimmt ihr Sohn die Kl. deshalb aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auf Schadensersatz- und Schmerzensgeld in Anspruch.

Entgegen der Annahme des LG ist aber die Frage, ob die Kl. zu Recht aus dem geltend gemachten Schadensereignis in Anspruch genommen wird, im – wie hier – vorweggenommenen Deckungsprozess nicht zu prüfen. Aufgrund des sog. Trennungsprinzips wird in einem vorweggenommenen Deckungsprozess ausschließlich die Frage des Versicherungsschutzes geklärt. Dagegen wird über den eigentlichen Haftpflichtanspruch nicht entschieden (vgl. BGH VersR 2001, 90). Vielmehr wird nur geprüft, ob der Geschädigte gegen den VN Schadensersatzansprüche i.S.d. § 1 AHB geltend macht und diese in den zeitlichen, räumlichen und sachlichen Umfang des versicherten Risikos fallen. Dabei ist grds. auf die Behauptung eines Haftpflichtfalls abzustellen, ohne dass dabei geprüft werden darf, ob ein Anspruch des Geschädigten begründet ist oder nicht (vgl. Veith/Gräfe, 2. Aufl. 2010, § 12 Rn 75 f.). Denn der VR ist zur Gewährung von Rechtsschutz auch für die Abwehr unbegründeter Ansprüche verpflichtet; das gilt jedenfalls dann, wenn auch nur die entfernteste Möglichkeit besteht, dass der VN aus dem unter das versicherte Ri...

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